Arte zeigt „Diener des Volkes“ Diese TV-Serie machte Wolodymyr Selenskyj berühmt

Diese Rolle hat geholfen, ihn ins Amt zu bringen: Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj spielte einst einen arglosen Lehrer in der Serie „Diener des Volkes“. Nun zeigt Arte die Produktion. Wie fühlt es sich an, sie heute zu schauen?

 Wolodymyr Selenskyj (r., mit  Stanislaw Boklan) in „Diener des Volkes“.

Wolodymyr Selenskyj (r., mit  Stanislaw Boklan) in „Diener des Volkes“.

Foto: dpa/--

Es gibt gleich in der ersten Folge dieser Serie eine Szene, die man sich nicht mehr ansehen kann, ohne einen Kloß im Hals zu spüren. Der Lehrer Wassyl Petrowitsch Holoborodko beendet die Geschichtsstunde an einer ganz normalen Schule in Kiew mit dem Satz „Der Unterricht ist vorbei, ich entlasse euch in die Freiheit“.  Natürlich denkt man sogleich an die Worte, die der sichtlich von den russischen Angriffen gezeichnete ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj am vergangenen Dienstag in der Videoschaltung während der Sondersitzung der EU sprach. Zwei Cruise Missiles seien eben auf dem Friedenplatz in Charkiw eingeschlagen, berichtete er: „Das ist der Preis der Freiheit.“

 In seinem früheren Leben als Schauspieler war Selenskyj eben dieser arglose Geschichtslehrer Holoborodko. Selenskyj ist Hauptdarsteller und Produzent der Serie „Diener des Volkes“, die zwischen 2015 und 2019 im ukrainischen Fernsehen ausgestrahlt wurde und enorm populär war. Sie lief im Sender „1+1“, der dem Oligarchen Ihor Kolomojskyj gehört, einem Förderer Selenskyjs. Es geht darin um einen Pädagogen, der nach einer Scheidung wieder bei seinen Eltern lebt und seinen Schülern für wenig Lohn erklärt, welche Lehren sich aus der Historie ziehen lassen. Einmal gehen ihm die Pferde durch, da hält er eine Brandrede gegen Korruption und Misswirtschaft. Ein Schüler filmt heimlich mit und stellt die Aufnahme ins Netz. Von seinen Schülern gedrängt kandidiert Holoborodko bei der Präsidentenwahl, eigentlich nur als Symbol. Aber natürlich siegt er.

 Selenskyj baute seine politische Karriere parallel zur Entwicklung seiner Figur in der Serie auf. Er gründete 2017 eine Partei, die „Diener des Volkes“ heißt, und beflügelt von dem Erfolg der Produktion gewann er 2019 die Wahl zum Präsidenten. Er verlängerte die fiktive Erzählung in die Wirklichkeit. Und viele dürften sich vom echten Selenskyj erhofft haben, dass er den Problemen des Landes ähnlich begegnet, wie es sein Lehrer im Fernsehen tut: mit Aufrichtigkeit. Die Vergangenheit als Komiker war für Selenskyj zunächst eine Bürde: Mancher nahm ihn nicht ernst. Kurz nach Beginn von Putins Einmarsch wurde er indes als „George Washington der Ukraine“ bezeichnet.

 Die Serie, deren erste Staffel bis Mai in der Mediathek des Senders Arte zu sehen sein wird, wurde mit „House Of Cards“ verglichen. Sie ist im Gegensatz zur US-Variante allerdings nicht zynisch, sondern meistens heiter, bisweilen satirisch. Selenskyj spielt eine Art Schwejk, der staunend durch eine politische Landschaft diffundiert, in der jeder mit jedem verstrickt ist und alles mit einem Anruf geregelt werden kann. Als Holoborodkos Nichte Geburtstag hat und die CD ausverkauft ist, die er ihr schenken möchte, engagiert sein Berater halt den Künstler selbst, damit der ein Ständchen bringt.

 Die Serie ist großartig gemacht, aber wer sie heute schaut, dem wird das Lachen im Hals steckenbleiben. „Ich bin wie Superman, nur kämpfe ich nicht sehr häufig“, sagt Holoborodko an einer Stelle. Er hatte es als Witz gemeint.

Info In der Arte-Mediathek gibt es 23 Folgen von „Diener des Volkes“.

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