Erinnerungen an eine große Liebesgeschichte Wiedersehen nach 54 Jahren

Düsseldorf · Claude Lelouch bringt Anouk Aimée und Jean-Louis Trintignant erneut zueinander. Das kommt allerdings nicht ohne Sentimentalitäten aus.

 Anouk Aimée und Jean-Louis Trintignant.

Anouk Aimée und Jean-Louis Trintignant.

Foto: verleih

Claude Lelouchs „Ein Mann und eine Frau“ aus dem Jahre 1966 gilt immer noch als einer der schönsten Liebesfilme der französischen Novelle Vague. Anouk Aimée und Jean-Louis Trintignant spielten hier zwei früh verwitwete Mittdreißiger, die an den malerischen Stränden von Deauville zueinander finden. Nun, 54 Jahre später, führt er die beiden Liebenden noch einmal zusammen.

Der Rennfahrer Jean-Louis (Trintingant) ist mittlerweile ein alter Herr, der an rasant zunehmender Demenz leidet. Für ihn scheint nur noch eine Erinnerung wichtig. Die an Anne - die große, verpasste Liebe seines Lebens. So macht sich sein Sohn Antoine (Antoine Sire) auf die Suche nach der Verflossenen.

Zögernd lässt Anne (Aimée) sich auf die Wiederbegegnung mit dem ehemaligen Geliebten ein, dessen mangelndes Treuevermögen damals der Beziehung ein baldiges Ende setzte. Als sie sich auf die Parkbank neben ihn setzt, erkennt Jean-Louis sie nicht wieder. Wie vertraute Fremde kommen die beiden miteinander ins Gespräch, fahren mit dem alten 2CV hinaus in den Sommer und einmal sogar nach Deauville, wo alles begann.

Gegenwart, Erinnerung und Fantasie-Träume verschmelzen unter Lelouchs geschmeidiger Regie zu einem Nostalgietrip für frankophile Cineasten. Hochbetagte Schauspielergesichter sind in den meisten Fällen ein Kinoereignis für sich, weil in den Falten und Altersflecken die Filmgeschichte mitatmet und gleichzeitig genau jene Vergänglichkeit des Seins sichtbar wird, gegen die das Kino mit seinem Anspruch auf Verewigung antritt. Das ist bei den Gesichtern von Aimée und Trintignant nicht anders.

Aber Lelouch verlässt sich zu sehr auf diese Wirkung und verliert sich in einer Art von Altersgelassenheit, die allen interessanten Konflikten aus dem Wege geht. Allzu sehr wird die Figur der Anne zur alles verzeihenden Zuhörerin, Stichwortgeberin und Projektionsfläche für den dementen Rennfahrer, der den Abzweig zur großen Liebe im selbst gewählten Geschwindigkeitsrausch verpasst hat. Dabei ist die Figur des reumütigen 68ers, der in den Wogen der sexuellen Revolution die eigene Beziehungsunfähigkeit kultivierte, durchaus prototypisch für diese Männergeneration und ihre retrospektive Weltsicht.

Aber dafür fehlt Lelouch offensichtlich das notwendige Wille zur Analyse. Stattdessen schwärmt er lieber in sentimentaler Altersromantik, taut die Geschlechterklischees einer vergangene Epoche unhinterfragt wieder auf und verkocht sie zu einem nett angerichteten, aber etwas faden Menü.

„Die schönste Zeit eines Lebens“, Frankreich 2019, Regie: Claude Lelouch, mit Anouk Aimée, Jean-Louis Trintignant, 90 Min.

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