"Die Erfindung der Wahrheit" im Kino Jessica Chastain brilliert als Lobbyistin in Polit-Thriller
Düsseldorf · Der Politthriller "Die Erfindung der Wahrheit" nimmt den Einfluss der übermächtigen Waffenlobby auf die US-Politik ins Visier. Eine Frau stellt sich ihr in den Weg.
Elizabeth Sloane ist so eine, bei deren Erscheinen die Raumtemperatur sinkt. Selbst langjährige Kollegen wissen nichts von ihr. Auf dem Betriebsklo schluckt sie Aufputschpillen, und der einzige Mensch, dem sie Nähe erlaubt, ist der Callboy, den sie sich in schlaflosen Nächten bestellt. Aber in Washington, wo die wahre Politik hinter den Kulissen gemacht wird, ist Sloane der Star der Branche. Als die brillante, skrupellose Lobbyistin für die Waffenlobby ein Gesetz durchdrücken soll, wechselt sie überraschend die Seiten und stellt sich gegen ihre alte Firma. Damit beginnt ein Medienkrieg, der Elizabeth ihre makellose Karriere kosten kann. Und auch alles andere.
Von der Kuscheligkeit alter Komödien wie "Shakespeare in Love" und "Best Exotic Marigold Hotel" ist in John Maddens neuem Film nichts zu spüren. Der schwarze Politthriller "Die Erfindung der Wahrheit", wenige Tage nach Trumps Wahl zum US-Präsidenten uraufgeführt, bohrt mitten hinein in ein Washington, wie es korrupter nicht sein könnte. Im Auge des Sturms steht Jessica Chastain als Elizabeth. Der Originaltitel "Miss Sloane" widmet sich ihr allein, zu Recht. Chastain erhielt bereits eine Golden-Globe-Nominierung für diese Rolle, weil keine andere in Hollywood Entschlossenheit, Kühle und Getriebenheit so kombiniert wie sie. Und weil Maddens traditioneller Krimi ohne sie nicht halb so gut funktionieren würde. Souverän zieht Sloane ihre Bahnen in einem Haifischbecken voller Männer, und, weit interessanter, sie ist gefährlicher als jeder von ihnen.
Unterstützt wird Chastain von einer soliden Riege Nebendarsteller. Mark Strong ist ein starker Sidekick als Sloanes idealistischer Chef, und die Britin Gugu Mbatha-Raw bringt ein wenig Wärme in den Film als Sloanes Lieblingsassistentin, die am Ende benutzt und weggeworfen wird wie alle anderen. Das ist überhaupt die Frage, die den Film umtreibt — will Sloane einfach nur gewinnen, oder hat sie vielleicht doch ein Gewissen? — und zwei Stunden lang hält er sich die Antwort ziemlich klug offen. Bis zur finalen Anhörung, deren unglaubwürdige Wendung dem Ganzen viel Kraft nimmt.
Die Erfindung der Wahrheit, USA, Frankreich 2016 — Regie: John Madden, mit Jessica Chastain, Mark Strong, Alison Pill, Gugu Mbatha-Raw, John Lithgow, 132 Min.