"Ich fühle mich als europäische Schauspielerin" Claudia Cardinale erhält Stuttgarter Filmpreis

Stuttgart (rpo). Claudia Cardinale hat auf dem Stuttgarter Filmfest den LBBW European Actors Award verliehen bekommen. Die Italienerin brach auf dem Festival eine Lanze für den europäischen Film, den sie als den "wichtigsten der Welt" bezeichnete. Auch für ihre deutschen Fans fand die Diva warme Worte.

Claudia Cardinale
7 Bilder

Claudia Cardinale

7 Bilder
Foto: AP

<P>Stuttgart (rpo). Claudia Cardinale hat auf dem Stuttgarter Filmfest den LBBW European Actors Award verliehen bekommen. Die Italienerin brach auf dem Festival eine Lanze für den europäischen Film, den sie als den "wichtigsten der Welt" bezeichnete. Auch für ihre deutschen Fans fand die Diva warme Worte.

"Ich mache diese Arbeit seit 45 Jahren, habe viele Bewunderer in Deutschland und fühle mich als europäische Schauspielerin", sagte die Italienerin am Wochenende auf dem 3. Europäischen Filmfest in Stuttgart/Ludwigsburg vor der Verleihung des LBBW European Actors Award. Der Preis in der Form eines Apfels inklusive 10.000 Euro soll die Leistungen der 65-Jährigen um den europäischen Film würdigen.

"Das europäische Kino ist das wichtigste Kino der Welt. Wir müssen unsere Kultur verteidigen", betonte Cardinale und fügte leicht resigniert an: "Aber Hollywood ist eben Hollywood." Nach ihrer Rolle in "Achteinhalb", den Frederico Fellini 1962 mit ihr gedreht hatte, habe sie auch Vertragsangebote aus Hollywood bekommen. "Aber dort war ich nur ein Objekt: Sie wollten, dass ich mein Gesicht ändere, mein Make-Up, meine Frisur, einfach alles." Deshalb habe sie solche Angebote abgelehnt.

Filme hat Claudia Cardinale dennoch in den USA gedreht: Zum Beispiel 1963 mit Peter Sellers den Blake-Edwards-Knüller "Der rosarote Panther". Ihr Filmpartner David Niven erklärte damals, sie sei nach Spaghetti die beste Erfindung aus Italien.

Karrierestart in Tunesien

Begonnen hat ihre Karriere in Tunis, wo sie als Tochter einer italienischen Familie am 15. April 1938 geboren wurde. 1957 gewann Cardinale einen Schönheitswettbewerb, durfte zu den Filmfestspielen in Venedig reisen - und wurde dort entdeckt. Neben Sophia Loren und Gina Lollobrigida wurde sie als Kurven-Star des italienischen Kinos der 60er Jahre und als ein publikumswirksames Gegenüber zu den übermächtigen Französinnen Brigitte Bardot und Jeanne Moreau ins Rennen geschickt.

"Ein weißer Schwan in einem See voller Frösche", ließ Luchino Visconti den Schauspieler Burt Lancaster 1962 in "Der Leopard" über Claudia Cardinale sagen. "Ich hatte Glück", meinte sie rückblickend auf ihre Karriere. "Ich habe mit den besten Regisseuren zusammengearbeitet." Neben Visconti hat sie mehrmals mit Fellini und mit Sergio Leone 1968 "Spiel mir das Lied vom Tod" gedreht. Auch einen Deutschen setzte sie auf diese Liste: Werner Herzog war 1982 ihr Regisseur bei "Fitzcarraldo".

"Ich mag verrückte Leute"

Genau diesen Film hatte sich die Italienerin nun für die Gala-Feier in Stuttgart ausgesucht. Darin spielt sie an der Seite von Klaus Kinski eine Prostituierte, die Fitzcarraldo dabei unterstützt, ein Opernhaus in den tiefsten tropischen Dschungel zu bauen. "Ich mag verrückte Leute", erzählte sie über die Dreharbeiten mit Kinski, "sonst wird es langweilig". Jason Robarts habe die Strapazen in Peru bei 40 Grad Celsius jedoch nicht so gut vertragen: "Er ist irgendwann auf einen Baum geklettert und verlangte ein Steak." Herzog habe einen Doktor gerufen und Robarts daraufhin entlassen.

"Durch meine Arbeit habe ich tausende Leben gelebt und nicht nur eines", sagte Cardinale weiter. Schauspieler bräuchten allerdings einen starken Charakter, "sonst verliert man den Verstand". Nur in ihrem Privatleben sei sie sie selbst. Auf der Bühne oder im Film gebe sie, was von ihr gewünscht werde. An ihrem Wohnort in Paris führe sie ein ganz normales Leben ohne Bodyguards und Glamour. "Ich mag Ruhe und Einsamkeit, das fließende Wasser der Seine beruhigt mich."

Über ihr Alter macht sich die 65-Jährige keine Gedanken: "Alt zu werden, ist normal, man kann nicht sein ganzes Leben lang jung bleiben", erklärte sie lachend. Kosmetische Chirurgie lehne sie ab, dadurch werde das Gesicht nur zur Maske. "Gute Rollen zu finden, ist allerdings nicht leicht - aber wenn sie mich nicht wollen, dann halt nicht." Zudem sei sie sehr wählerisch und lehne die meisten Drehbücher ab. Zuletzt war Cardinale 2002 in Claude Lelouchs Film "And now ... Ladies and Gentlemen" im Kino zu sehen. Die vergangenen drei Jahre habe sie in Paris und Italien verstärkt Theater gespielt.

Auf die gegenwärtige Krise zwischen Deutschland und Italien, die der mittlerweile zurückgetretene Staatssekretär Stefano Stefani mit seinen Aussagen über deutsche Touristen ausgelöst hatte, wollte sie nicht eingehen. "Über Politik rede ich nicht", erklärte sie und hob abwehrend die Hände vor sich, "das interessiert mich nicht".

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort