Christoph Waltz Der grandiose Böse

Düsseldorf · Der Aufstieg von Christoph Waltz scheint unaufhaltsam. Nach zwei Oscars erhält er nun einen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood. Die Rolle des cleveren Schurken hat er perfektioniert.

 Christoph Waltz bekommt einen Stern auf dem Walk of Fame.

Christoph Waltz bekommt einen Stern auf dem Walk of Fame.

Foto: dpa, bsc

Der stechende Blick, das markante Kinn, die Süffisanz, die in seinem kalten Lächeln mitschwingt — wenn sich Hollywood einen bösen Charakterkopf hätte schnitzen können, wäre vermutlich Christoph Waltz (58) dabei herausgekommen. Seit seinem internationalen Durchbruch in der Rolle des SS-Standartenführers Hans Landa in Quentin Tarantinos Groteske "Inglorious Basterds" (2009) gehört er zu den gefragtesten Darstellern der Traumfabrik.

Der erste Oscar für diese Rolle war nur ein vorläufiger Höhepunkt, 2013 bekam er für seinen Auftritt im ebenfalls von Tarantino inszenierten Rache-Eops "Django Unchained" seinen zweiten als bester Nebendarsteller. Es ist deshalb folgerichtig, dass der Regisseur, der Waltz mit dem Satz adelte, er allein habe sein Herzensprojekt "Inglorious Basterds" "gerettet", nun eine Ansprache zu einer weiteren großen Ehrung in Waltz' Karriere hält.

Heute wird der Österreicher mit deutschem Pass einen Stern auf dem Walk of Fame in Hollywood bekommen. Es ist die in Stein gemeißelte Anerkennung für einen Schauspieler, der sich zunächst jahrelang im deutschen TV-Mittelmaß von "Derrick" bis "Der Alte" verdingte und erst mit dem Biopic "Du bis nicht allein — Die Roy-Black-Story" 1996 hierzulande die Chance bekam, seine schauspielerische Genialität auszuleben.

Er denkt nicht gern an seine "deutsche" Karriere zurück

Zu einer Art Vorbote seines heutigen Hollywood-Images als cleverer Schurke wurde seine Rolle in dem vielfach ausgezeichneten Drama "Der Tanz mit dem Teufel — Die Entführung des Richard Oetker" aus dem Jahr 2001, die ihm seinen ersten Adolf-Grimme-Preis einbrachte. Im Vergleich zu den Trophäen, die inzwischen in seinem Schrank stehen, wirkt der deutsche "TV-Oscar" allerdings wie ein Relikt aus einer längst vergangenen Zeit, an die Waltz nicht unbedingt gern zurückdenkt.

Christoph Waltz ganz bärtig auf der Comic-Con
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Er fühlte sich missverstanden und unterfordert. "Ich habe nie verstanden, warum ich (in Deutschland, Anm. d. Red.) immer nur an der Peripherie des Kinos entlangditschte. Man wollte mich da offenbar nicht hineinlassen. Tom Tykwer hat das mal nonchalant ausgedrückt, indem er etwas sagte wie ,Der war nicht auf unserem Radar'. Da frage ich mich, ehrlich gesagt, ob es an mir liegt oder am Radar", sagte er nach seinem ersten Oscar in einem Interview.

Heute würde Tom Tykwer, der sich in Hollywood dank Produktionen wie "Das Parfüm" und "Cloud Atlas" ebenfalls einen respektablen Ruf erarbeitet hat, vermutlich alles stehen und liegen lassen, um Waltz zu verpflichten. Der gebürtige Wiener ist ein Darling in der amerikanischen Showbranche, weil er sich komplett darauf eingelassen hat. Er war der erste deutschsprachige Künstler, der die legendäre US-Comedy-Show "Saturday Night Life" moderieren durfte. Er ist gern gesehener Gast bei Late-Night-Talkern wie Jimmy Kimmel, bei dem er vor wenigen Wochen eine grandios depressive Version des Titellieds der "Sesame Street" hinlegte.

Neue Traumrolle als Bond-Bösewicht

Er legt Wert darauf, nicht als Deutscher angesehen zu werden, denn die hätten ja keinen Humor. Obwohl Waltz mit einer Nazi-Rolle berühmt wurde, dem Standard-Türöffner für hiesige Schauspieler, wurde er nie darauf festgelegt. Er spielte in so verschiedenen Filmen mit wie dem eher misslungenen Fantasy-Spektakel "The Green Hornet", dem Abenteuerfilm "Die drei Musketiere", der Zirkus-Schmonzette "Wasser für die Elefanten" oder dem wunderbaren Kammerspiel "Der Gott des Gemetzels" von Roman Polanski.

Seit Donnerstag ist er in der harmlosen Komödie "Kill The Boss 2" zu sehen, Mitte des Monats erscheint "The Zero Theorem", eine ebenso grelle wie pessimistische Zukunftsvision von "12 Monkeys"-Regisseur Terry Gilliam. Für mehr Wirbel aber sorgt das Gerücht, dass Waltz der neue Bond-Bösewicht werden soll, eine in den Augen vieler Fans überfällige Entscheidung. Daniel Craig versus Christoph Waltz, da schnalzen Cineasten schon jetzt mit der Zunge.

Der Höhenflug des Christoph Waltz geht also weiter. Längst hat er seinen Hauptwohnsitz von Berlin nach Los Angeles verlegt, obwohl seine Frau mit der gemeinsamen Tochter noch in der deutschen Hauptstadt wohnt. Spätestens mit dem Stern auf dem Walk of Fame ist er ein großer Player in Hollywood, er ist angekommen. In einem Interview mit der "FAZ" sagte er diese Woche: "Mir steht jetzt jede Tür offen. Und dann ist da das Gefühl, dass ich wirklich eingemeindet wurde. Eingemeindet ist in diesem Zusammenhang vielleicht ein sonderbares Wort. Aber man betrachtet mich nicht mehr als ein vorübergehendes Phänomen, sondern als jemanden, mit dem man auf alltäglicher Basis arbeiten kann und wird."

(gev)
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