"Brimstone" im Kino Zeitgenössischer Western mit Gewaltexzessen

Weite Ebenen, mächtige Wälder, idyllische Lichtungen: Die archaischen Naturlandschaften im Neo-Western "Brimstone" bedienen für sich genommen die verheißungsvollen Mythen des Genres. Doch die Schönheit der Wildnis trügt. Für Dakota Fanning in der Rolle der Heldin wird sie zum Schauplatz eines zweieinhalbstündigen Horrortrips.

Guy Pearce als The Reverend in einer Szene des Films "Brimstone".

Guy Pearce als The Reverend in einer Szene des Films "Brimstone".

Foto: dpa, dhy sab

Regisseur Martin Koolhoven erzählt sein verstörendes Epos aus der Perspektive der Frauen, vor allem aus eben jener der Protagonistin Liz. Sie ist außer sich vor Angst: Denn in dem Priester (Guy Pearce), der neu in ihrer kleinen Gemeinde ist, erkennt sie einen psychopathischen Tyrannen wieder, der sie seit langer Zeit mit brutaler Feindseligkeit verfolgt. Nur ihrem Mann kann die stumme Liz das nicht erklären. Die Konflikte ihrer Vergangenheit sind zu schändlich, um sie zu offenbaren.

Dann spitzt sich die Situation zu. Liz, die als Hebamme arbeitet, muss bei einer Geburt den Säugling töten, um das Leben der Mutter zu retten. Als der Vater des Babys Rache fordert, schreitet der Priester zwar zugunsten von Liz ein, aber nur, um sich schließlich ihrer Familie zu nähern und seinen fanatischen Zorn gegen sie und ihren Mann zu richten. Welche dunklen Geheimnisse entfachen bloß so viel exzessive Gewalt?

Martin Koolhoven entschlüsselt dieses düstere Rätsel in vier Teilen, in denen er auf die Herkunft der Protagonisten zurückblickt. Die Kapitel sind mit biblischen Titeln versehen: Offenbarung, Exodus, Genesis, Vergeltung. Unter den europäischen Western gilt Koolhovens Schocker nach dem dänischen Epos "The Salvation" jedenfalls als erster niederländischer Rachewestern, dessen Neuinterpretation des Spaghettiwesterns vor allem hartgesottene Fans des Genres interessieren dürfte.

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Doch Genre-Zitate sind kein Garant für einen guten Film. Und so reicht "Brimstone" nicht an italienische oder amerikanische Vorbilder heran. Trotz der hervorragenden Darsteller und der spannenden retrospektiven Erzählweise dürfte der Western mit seiner Überlänge vielen Zuschauern schwerfällig vorkommen. Die Gewaltakte des Priesters werden so explizit ausgebreitet, dass Branchenblätter in den USA ihnen jegliche Sinnhaftigkeit absprechen und den Film auch als Gewaltporno bezeichnen.

Brimstone, Niederlande, Großbritannien, Frankreich, Deutschland 2016 - Regie: Martin Koolhoven, mit Dakota Fanning, Guy Pearce und Kit Harington, 148 Min.

(dpa)
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