"Swiss Army Man" Bizarre Freundschaft

Harry Potter-Darsteller Daniel Radcliffe spielt eine Leiche mit Flatulenzen.

Gestrandet auf einer einsamen Insel, da kann nur ein Wunder helfen. Aber gerade als Hank (Paul Dano) seinem Elend ein Ende mit dem Strick machen will, schwemmt ihm das Schicksal das Wunder an. Es sieht aus wie Harry Potter und ist ziemlich leblos. Bis auf die dauernden und kräftigen Fürze in Folge seiner Verwesung. Die ausführlichste und verrückteste Furz-Szene der Filmgeschichte ist der Auftakt einer ebenso skurrilen, schönen wie berührenden Geschichte um ziemlich beste und enge Freunde.

Ja, tatsächlich, Hank düst mit dem Manny (Daniel Radcliffe) genannten Strandgut dank dessen Flatulenzen wie auf Jet-Ski durch die Brandung zu neuen Ufern. Und fortan hilft der Tote wie ein Schweizer Messer - daher der Filmtitel - auf verrückt geniale Weise beim Überleben. Hank nutzt ihn als Wasserflasche oder Anzünder und bringt ihm sogar das Sprechen bei. Und dann wird auch noch Mannys Penis lebendiger als er selbst.

Aber selbst dieser besonders unfassbare Moment in "Swiss Army Man" unter allen unglaublichen Momenten zielt auf etwas Ernsthaftes. In den Zwiegesprächen mit seinem neuen, toten Freund kommt man Hanks Leben ganz nahe, erfährt, wie er in der Schule als Sonderling gehänselt wurde, welche Probleme er mit seinem Vater hat. Dazu will der Tote vor allem eines wissen: Was ist Leben?

Die Antworten werden mit in der Wildnis vorgefundenen Abfällen wie im Comic inszeniert oder wie auf der Laien-Puppenbühne gebastelt, sehr ähnlich einigen Filmen von Michel Gondry ("Science of Sleep - Anleitung zum Träumen"). Bei aller Poesie und Verrücktheit solcher Szenen rühren sie doch, sogar mehr als Tom Hanks in "Cast Away - Verschollen". Hank ist nicht nur bewegender als Hanks, er ist auch origineller und - trotz mitgeschlepptem Toten - filmisch viel lebendiger. Ex-Harry-Potter Daniel Radcliffe bastelt an einer Filmographie, die ihresgleichen sucht. Einen Film lang in der Nebenrolle tot und furzend zu agieren, das wird ihm so keiner nachmachen. Doch "Swiss Army Man" hat dennoch so viel Substanz und Seele, dass Radcliffe sowohl für einen Oscar als auch für die Goldenen Himbeeren nominiert werden könnte.

Swiss Army Man, USA 2016 - Regie: Dan Kwan/Daniel Scheinert, mit Paul Dano, Daniel Radcliffe, 97 Min.

(RP)
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