Berlinale-Tagebuch Christian Petzold kriegt kurz Panik

Wer bei Berlinale-Pressekonferenzen sympathisch rüberkommen will, muss es machen wie Christian Petzold - und Nerven zeigen. In den ersten Minuten der Pressekonferenz zu seinem überaus gelungenen Film "Barbara" hat er sich mindestens zehn Mal völlig verlegen Wasser eingeschenkt.

Christian Petzold auf der Berlinale
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Christian Petzold auf der Berlinale

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Dann stellt ihm der erste amerikanische Journalist eine Frage auf Englisch. Petzold fängt an zu stammeln, sein "english" sei "not so good", als Nina Hoss sich cool zu ihm herüberbeugt und ihn auf die Simultanübersetzer hinten im Saal aufmerksam macht. Darauf Petzold: "Mann, dann war die ganze Panik ja umsonst."

Natürlich kann man seine Aufregung besser eingestehen, wenn man ansonsten so kluge Sachen sagt wie Petzold. Der gebürtige Hildener, der in Berlin lebt und den deutschen Realismus der "Berliner Schule" mit erfunden hat, bekannte sich in der Pressekonferenz nicht nur als Borussia- Mönchengladbach-Fan. Er hatte auch originelle Bemerkungen auf Lager. Da wurde er etwa gefragt, ob Nina Hoss seine Muse sei. "Ne, Muse klingt so nach nackt und Österreich", erwiderte Petzold, "heute sagt man Medium."

Man ist bei den Berlinale-Pressekonferenzen dankbar für solche Anflüge von Humor. Ansonsten sagen da nämlich Schauspieler, dass ihre Rolle die größte Herausforderung ihres Lebens war und sie total gerne mit dem Regisseur zusammen gearbeitet haben. Und Regisseure sagen, dass der Film die größte Herausforderung ihres Lebens war und sie total gerne mit den Schauspielern zusammen gearbeitet haben.

Egal, welche Frage gestellt wurde. Diese Auftritte vor der Presse sind also eher Folklore - Rituale, die eigentlich überkommen sind, aber unbedingt dazu gehören. Ist ja manchmal auch schön, wenn etwas vollkommen berechenbar ist. Wo gibt es das noch? Vielleicht sollte man die Pressekonferenzen von der Berlinale künftig im Nachtprogramm senden. Als Dauerschleife. Statt der Bahnfahrten. Würde auf viele Menschen sicher noch beruhigender wirken.

(pst)
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