"Goldener Bär" Bester Film spielt in Peru

Berlin (RPO). Der "Goldene Bär" der 59. Internationalen Filmfestspiele Berlin geht an das Drama "La teta asustada" ("The Milk of Sorrow") der peruanischen Regisseurin Claudia Llosa. Es war der erste Film aus Peru, der jemals im Wettbewerb lief.

Der deutsche Beitrag "Alle Anderen" gewann bei der Preisverleihung im Berlinale-Palast gleich zwei silberne Bären: Die österreichische Hauptdarstellerin Birgit Minichmayr wurde als beste Schauspielerin gekürt, zudem bekam der Film von Regisseurin Maren Ade den Großen Preis der Jury gemeinsam mit der Komödie "Gigante", die insgesamt drei Preise erhielt. Das deutsche Politdrama "Storm" (Sturm) von Hans-Christian Schmid ging dagegen leer aus.

Mit ihrer Entscheidung sprach die Jury wieder einmal einem kleineren, gesellschaftspolitischen Film den Goldenen Bären zu. Das Votum, die peruanisch-spanische Produktion als besten Film auszuzeichnen, fiel der diesjährigen Jury-Präsidentin Tilda Swinton zufolge einstimmig. Regisseurin Llosa war überglücklich und sagte vor rund 1600 Gästen, der Preis sei eine große Ehre. Auf der anschließenden Pressekonferenz betonte die 32-Jährige: "Wir brauchen so eine Anerkennung, damit die Menschen das peruanische Kino kennenlernen".

Das eindringliche Werk ist der zweite Spielfilm von Llosa ("Madeinusa"), der Nichte des Schriftstellers Mario Vargas Llosa. Der Film setzt sich mit den Auswirkungen der Jahre des Terrors in Peru auseinander. Die junge Fausta, die beeindruckend von Magaly Solier gespielt wird, lebt in einem Armenviertel von Lima und leidet an einer rätselhaften Krankheit. Diese wurde durch die Milch von Müttern übertragen, die während der Schwangerschaft oder Stillzeit während des Terrors in dem Land vergewaltigt wurden - so auch ihre Mutter. Nach deren Tod beginnt für die traumatisierte Fausta eine Reise aus der Furcht in die Freiheit. Der Film hat bisher noch keinen deutschen Verleih.

Auch die Entscheidung für Minichmayr war einstimmig gefallen. Sie danke der Jury für diesen "wunderbaren Preis", betonte die Darstellerin. Regisseurin Ade sagte, es sei eine große Ehre, einen Preis auf einem Festival zu gewinnen, das sie liebe. In "Alle Anderen" mit Minichmayr und Lars Eidinger erzählt Ade ("Der Wald vor lauter Bäumen") die tragikomische Geschichte eines jungen Paares, das im Urlaub, der erst unbeschwert und ausgelassen beginnt, plötzlich in eine Krise gerät.

Der dreifach preisgekrönte Film "Gigante" des argentinischen Regisseurs Adrian Biniez erzählt von einem Wachmann eines Supermarkts, der sich in eine Putzfrau verliebt. Er gewann wie "Alle Anderen" den Großen Preis der Jury. Zudem wurde Biniez' Debütspielfilm als bester Erstlingsfilm gekürt. Außerdem erhielt er ex aequo mit Andrzej Wajdas "Katarak" den Alfred-Bauer-Preis für einen Spielfilm, der neue Perspektiven der Filmkunst eröffnet.

Dem in Uruguay lebenden Regisseur Biniez fehlten fast die Worte, als er zum dritten Mal auf die Bühne gerufen wurde. "Ich möchte, dass meine Mama hier ist", rief er ins Publikum. Auf der Pressekonferenz kündigte er an, seine Mutter gleich danach anrufen zu wollen. Der 82-jährige polnische Regiealtmeister Wajda betonte: "Ich hätte nie gedacht, dass ein alter Regisseur wie ich mit einem Preis für neue Horizonte im Kino ausgezeichnet wird."

Die zweifellos längste Dankesrede hielt der Schauspieler Sotigui Kouyate, der diverse kleine Geschichten erzählte. Der in Mali geborene burkinische Darsteller spielt eine der Hauptrollen in dem Drama "London River" des französischen Regisseurs Rachid Bouchareb. Der Film handelt von den Folgen der Terroranschläge von London im Juli 2005.

Der Silberne Bär für die beste Regie ging an den iranischen Beitrag "Darbareye Elly" von Asghar Farhadi. Den Silbernen Bären für das beste Drehbuch erhielt der US-Film "The Messenger" von Regisseur Oren Moverman, der das Drehbuch gemeinsam mit Alessandro Camon schrieb. Für eine herausragende künstlerische Leistung wurde der Beitrag "Katalin Varga" für das Sounddesign geehrt.

Mit rund 270 000 verkauften Tickets stellte die diesjährige Berlinale, die in diesem Jahr mit dem Friedrichstadtpalast und dem Cinema Paris im Institut Francais zwei neue Spielstätten hatte, den Angaben zufolge einen neuen Publikumsrekord auf. Im vergangenen Jahr waren 240 000 Karten verkauft worden. Das am 5. Februar gestartete Festival ging am Sonntag mit einem Kinotag für das Publikum zu Ende. Insgesamt wurden 383 Filme in 1238 Vorführungen gezeigt.

(AP)
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