Am 10. Februar geht es los Das sind die Höhepunkte der Berlinale

Das größte deutsche Filmfestival findet in Präsenz statt: Am 10. Februar beginnen in Berlin die Filmfestspiele. Im Wettbewerb starten vielversprechende Produktionen von Andreas Dresen, Nicolette Krebitz und Francois Ozon.

 Alexander Scheer und Meltem Kaptan in Andreas Dresens „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“.

Alexander Scheer und Meltem Kaptan in Andreas Dresens „Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“.

Foto: dpa/Andreas Hoefer

Die Berlinale findet statt, diese Nachricht hat manche irritiert. Das Filmfestival beginnt am 10. Februar, also zu einem Zeitpunkt, an dem der Höhepunkt der Omikron-Welle erwartet wird. Um die Sicherheit der Beschäftigten und Gäste dennoch gewährleisten zu können, hat die Doppelspitze aus Mariette Rissenbeek und Carlo Chatrian, die seit 2019 im Amt ist, angekündigt, das Programm um ein Viertel zu verkleinern. Es wird außerdem keine Partys und Empfänge geben, und die Vorstellungen sollen auf möglichst viele Kinos verteilt werden. Geboosterte und doppelt geimpfte Filmfans müssen einen tagesaktuellen Test vorweisen und FFP2-Masken tragen. Die Kapazität der Sitze in den Kinos wird um die Hälfte reduziert. Der Wettbewerb läuft nur sechs statt zehn Tage, und es wird vier Publikumstage mit Wiederholungen geben.

 Viele Einschränkungen also, und all das zeigt, wie wichtig es der Festivalleitung ist, dass die Berlinale nicht wie im vergangenen Jahr als zweigeteiltes Ereignis abgehalten wird. 2021 wurde der Medien- und Branchenteil zunächst online veranstaltet. Monate später gab es dann die „Sommer-Berlinale“ fürs Publikum in Präsenz. Vor allem zwei mächtige Gründe gaben wohl den Ausschlag, das Festival nun komplett im Februar stattfinden zu lassen. Eine Verschiebung hätte es noch stärker in Konkurrenz zu den anderen A-Festivals in Cannes (Mai) und Venedig (August und September) gebracht. Und das Pfund der Berlinale ist eben das Publikum, das in größerem Umfang als bei den Mitbewerbern in die Kinos strömt. Eine Verlegung ins Internet hätte ihr also ihren größten Vorzug genommen.

 256 Produktionen sollen nun zu sehen sein, rund hundert weniger als im Jahr zuvor. Isabelle Huppert wird mit einem Goldenen Bären für ihr Lebenswerk geehrt. Ansonsten ist der Glamourfaktor bisher überschaubar. Premieren von Hollywoodfilmen mit großem Star-Aufgebot, wie sie Venedig zuletzt etwa mit „Dune“ geboten hat, sind zumindest noch nicht angekündigt. Dafür klingt das Angebot im Wettbewerb zumindest verhalten verheißungsvoll. 18 Filme aus 15 Ländern werden der Jury um ihren Vorsitzenden, dem Regisseur M. Night Shyalaman, zur Auswahl vorgelegt. Sieben davon haben Regisseurinnen gedreht, was einer höheren Quote entspricht, als Cannes und Venedig sie zuletzt boten. Mit Ausnahme von „Call Jane“ mit Sigourney Weaver, Kate Mara und Elizabeth Banks sind alle Filme Weltpremieren. Für ein A-Festival ist allerdings schon dieser Ausreißer ungewöhnlich. Kaum vorzustellen, dass Cannes eine Produktion im Wettbewerb begrüßen würde, die bereits auf dem Festival in Sundance gezeigt wurde.

 Die Gewinner der Bären werden am 16. Februar verkündet. Gut möglich, dass alte Bekannte darunter sein werden: Zwölf Regisseure haben bereits an der Berlinale teilgenommen, fünf sogar schon mal gewonnen - darunter Paolo Taviani, der erstmals ohne seinen verstorbenen Bruder Vittorio einen Film gedreht hat. Carlo Chatrian kündigte an, dass die Hälfte der Wettbewerbs-Teilnehmer im weitesten Sinne Familie zum Thema haben. Zwei beschäftigen sich mit der Pandemie.

 Zu den Höhepunkten zählen dabei diese Filme:

 „Peter von Kant“ Dieser Film von Francois Ozon wird die Berlinale eröffnen. Ozon verpasst der Vorlage „Die bitteren Tränen der Petra von Kant“ von Rainer Werner Fassbinder einen Geschlechter-Tausch. Isabelle Adjani spielt mit, auch Hanna Schygulla ist dabei. Sie war schon im Original zu sehen.

„A E I O U – Das schnelle Alphabet der Liebe“ Der erste deutsche Beitrag stammt von Nicolette Krebitz. Er ist ihre erste Produktion seit ihrem Erfolg mit „Wild“. Sophie Rois spielt die Hauptrolle in dem Liebesdrama.

„Avec amour et acharnement“ Und noch ein Liebesfilm. Ein mit großem Interesse erwarteter zudem. Die französische Regisseurin Claire Denis („High Life“) hat ihn gedreht. Juliette Binoche beginnt darin mit dem früheren besten Freund ihres Mannes (Vincent London) eine Affäre. Die Tindersticks liefern, wie so oft bei Claire Denis, die Musik.

„Rabiye Kurnaz gegen George W. Bush“ Der zweite deutsche Beitrag: Andreas Dresen, der zuletzt mit „Gundermann“ einen Kinohit hatte, wird international. Er erzählt die Geschichte der  Bremer Hausfrau Rabiye Kurnaz, deren Sohn von den Vereinigten Staaten in Pakistan inhaftiert und schließlich in Guantanamo  gefangen gehalten wurde. Sie streitet in Washington für die Freilassung von Murat Kurnaz.

„La Ligne“ Eine Frau darf sich nach einem Streit dem Haus ihrer Familie nicht mehr nähern: Das ist der Ausgangspunkt des neuen Films von Ursula Meier. In einer der Hauptrollen ist Carla Brunis ältere Halbschwester Valeria Bruni Tedeschi zu erleben.

„Rimini“ Der österreichische Regisseur Ulrich Seidl erzählt von dem früheren Schlager-Star Richie Bravo. Man begegnet ihm im winterlichen Rimini, wo plötzlich seine erwachsene Tochter auftaucht und Geld von ihm verlangt, das er nicht hat.

Dass die Berlinale stattfinde, sei ein „Signal an die ganze Filmbranche“, sagte Kulturstaatsministerin Claudia Roth. Sie begreift das Festival als Bekenntnis zur zuletzt arg gebeutelten Kulturinstitution Kino.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort