3D-Abenteuer "Avatar" knackt Milliarden-Grenze

Düsseldorf (RP). Das Abenteuer auf dem Planeten Pandora ist auf dem Weg, den erfolgreichsten Film aller Zeiten, "Titanic", einzuholen. Beide Werke sind von Regisseur James Cameron. Mit "Avatar" könnte der gebürtige Kanadier der 3D-Technik endgültig zum Durchbruch verhelfen.

"Avatar": Phantastische 3D-Welt
13 Bilder

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So schnell war noch keiner: Nach nur 17 Tagen hat James Cameron mit "Avatar", seiner Science-Fiction-Expedition in die dritte Dimension, an den Kinokassen mehr als eine Milliarde Dollar eingespielt. Damit erwirtschaftet der teuerste Film aller Zeiten, dessen Produktion und Vermarktung um die 500 Millionen Dollar gekostet haben sollen, bereits satte Gewinne. Und weil in "Avatar" Menschen in die tintenfarbenen Körper geschmeidiger Naturwesen schlüpfen, ist in der Branche bereits vom "blauen Wunder" die Rede.

Cameron hat es also wieder geschafft. Zwölf Jahre, nachdem er mit "Titanic" den erfolgreichsten Film aller Zeiten vorgelegt hat, schafft er nun ein Fantasiewerk, das erstmals konsequent vorführt, welche Bereicherung die 3D-Technik für den Film sein kann. Denn dass "Avatar" so gut läuft, hat nicht nur mit dem gigantischen Werbeaufwand zu tun, der die Pandora-Expedition begleitet. Cameron ist ein Film geglückt, in dem 3D tatsächlich eine neue Dimension erschließt. In der Welt der blauen Wesen gibt es gigantische Felsblöcke, die scheinbar schwerelos im Raum schweben, einen phosphorisierenden Dschungel von unglaublicher Tiefe, einen riesigen Baum mit labyrintischen Windungen und derlei fantastische Orte, in denen sich der Zuschauer verlieren, Zeit und Realität vergessen kann. Der kanadische Regisseur nutzt das räumliche Filmverfahren also nicht als Spezialeffekt, nicht als technisches Mätzchen, um alle paar Szenen das Publikum zu erschrecken, sondern führt den Zuschauer in eine ungewohnte Tiefe, zeigt ihm eine Welt nicht nur auf der Leinwand, sondern darin.

Darum ist es natürlich geschickt, dass sich Cameron für seinen Scoop eine Handlung ausgedacht hat, die tatsächlich in eine fremde Welt führt. Was der Regisseur technisch vorhat, spiegelt sich in der Geschichte: Der Zuschauer erobert einen neuen Raum, wird Entdecker auf fremdem Terrain. Ansonsten ist die Story eher dünn, es gibt die guten Naturwesen, die bösen Menschen, Pantheismus tritt an gegen Turbokapitalismus, und am Ende wird ziemlich viel geballert und heldenhaft gestorben. Doch das ist nicht wichtig. "Avatar" ist trotzdem eine Pioniertat, weil hier ein Regisseur von Anfang an in die dritte Dimension gedacht, seine Geschichte auch räumlich entwickelt hat. Und so könnte Cameron nun mit dem wirtschaftlichen Erfolg seiner Arbeit der 3D-Technik zum endgültigen Durchbruch verhelfen.

Den Kinobetreibern dürfte dies gerade recht kommen. Von den 4800 Kinoleinwänden in Deutschland sind erst 350 bis 400 mit digitaler Technik ausgestattet, Voraussetzung für die 3D-Projektion. Nun müssen nicht alle Kinosäle umgerüstet werden, gibt es doch weiterhin viele Filme, für die das Abenteuer Tiefe gar keine Rolle spielt. Doch die Nachfrage nach 3D-Vorstellungen steigt, und so müssen die Kinobetreiber handeln. Weil gerade kleinere Häuser mit der Investition von etwa 100 000 Euro pro Saal überfordert sind, dürfte dies neuen Druck auf die Finanzierungsverhandlungen in Berlin ausüben. Dort können sich Filmförderung, Verleiher und Politik schon länger nicht darauf einigen, wer den Schritt in die digitale Zukunft bezahlen soll. "Ich denke aber, dass es bald eine Lösung geben wird", sagt Andreas Kramer vom Verband HDF-Kino. "Avatar bringt die technischen Möglichkeiten auf den Punkt, das ist ein erster Knoten im roten Faden, der nun weiter gesponnen werden muss."

Die Zeit drängt, sollen doch allein 2010 etwa 20 Filme in 3D anlaufen. Darunter Kassenschlager wie "Für immer Shrek", das vierte Abenteuer mit dem grünen Oger (8. Juli), Tim Burtons Märchenverfilmung "Alice im Wunderland" (4. März) oder der Horror-Actionfilm "Resident Evil: Afterlive" (16. September). Auf die Einnahmen aus solchen Filmen will kein Kino verzichten. Und inzwischen gilt: Zuschauer, die die Wahl haben, entscheiden sich mehrheitlich für 3D-Aufführungen. Selbst wenn die Karte wie in manchen Kinos zwei, drei Euro mehr kostet.

"Avatar" beschert Kinogängern ein neues Raumerlebnis, das noch verzückt. Aber natürlich ist Pandora irgendwann erobert und der Reiz des Neuen verbraucht. Also müssen bald klügere Drehbücher in die dritte Dimension vorstoßen, damit die neue Technik sich tatsächlich durchsetzen kann. Vielleicht sogar in Genres, in denen keine Saurier durchs Paradies fliegen. Wim Wenders vollendet gerade den ersten Tanzfilm in 3D: über Pina Bausch.

(RP)
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