Abba Hallo!

Die populäre Musicalverfilmung "Mamma Mia!" geht in die zweite Runde. Es geht nun ein bisschen melancholischer zu als in Teil eins.

Im Sommer 2008 nahm Phyllida Lloyds Musicalverfilmung "Mamma Mia!" den direkten Weg in die Herzen des Publikums. Das weltweite Einspielergebnis von mehr als 600 Millionen Dollar und über vier Millionen Zuschauer in Deutschland geben nur unvollständig die Ausmaße des Erfolges wieder. Denn "Mamma Mia!" gehört zu den wenigen Filmen, die noch lange nach dem Kinostart weiterleben und von einer großen, treuen Fangemeinde im Heimkino-Modus immer und immer wieder abgefeiert werden.

Natürlich hatte die Bühnenversion von 1999 schon popkulturelle Vorarbeit geleistet, aber auf der Leinwand entwickelte sich das Juke-Box-Musical, das die unsterblichen Hits von ABBA mit leichter Hand in eine Filmhandlung wob, zu einem eigenen Phänomen. Das lag maßgeblich an der Besetzung, mit der Lloyd den Frauen-Power-Geist des Stoffes zum Leben erweckte. Meryl Streep war natürlich auch damals schon eine Schauspielerin, der man alles zutraute. Aber wie sie hier mit fast 60 Jahren als gestresste Hotelbesitzterin und gestandene Alleinerziehnde Donna singend durchs mediterrane Filmset wirbelte - das versetzte auch eingefleischte Verehrer in wohliges Staunen.

Mit Julie Walters und der fabelhaften Christine Baranski bildete sie ein Frauen-Trio, das den Film souverän durch die Klippen einer romantischen Musikkomödie navigierte, in der gleich drei ehemalige Liebhaber und potenzielle Väter zur Hochzeit der Tochter anreisten.

Zehn Jahre später legt nun Regisseur Ol Parker, der sich als Drehbuchautor von "The Best Exotic Marigold Hotel" auf dem Gebiet der sanften Komödie qualifiziert hat, ein Sequel des Kultmusicals vor und die erste, große Frage lautet natürlich: Ist Meryl Streep wieder dabei? Das muss mit einem klaren Jein beantwortet werden, denn anders, als es der Trailer suggeriert, ist Streep während der ersten hundert Filmminuten nur als Foto an der Wand zu sehen. Sie gibt den Staffelstab an zwei jüngere Schauspielerinnen weiter: an Amanda Seyfried, die erneut Tochter Sophie spielt, sowie an Lily James, die in Rückblenden die angehende Hotelbesitzerin in jungen Jahren verkörpert.

Donna ist tot, und Sophie hat nun das Hotel auf der sonnigen griechischen Insel übernommen. Die Wiedereröffnung steht kurz bevor und natürlich sind Donnas Freundinnen Tanya (Christine Baranski) und Rosie (Julie Walters) sowie die drei Väter Sam (Pierce Brosnan), Bill (Stellan Skarsgård) und Harry (Colin Firth) eingeladen. In den Herzen aller Beteiligten wütet die Trauer um den tragischen Verlust und die Melancholie der Erinnerungen bildet die nicht immer tragfähige Brücke ins Rückblendengeschehen. Was im ersten Teil nur durch Zitate aus Donnas Tagebuch erklärt wurde, nimmt nun auf der Leinwand Gestalt an. Nach ihrem Hochschulabschluss zieht es Donna in die weite Welt. Die Reise führt sie von Oxford zunächst nach Paris, wo sie den süßen Landsmann Harry (Hugh Skinner) kennenlernt, der sie mit dem ihm eigenen linkischen Charme um seine Entjungferung bittet. Aber schon bald reist die abenteuerlustige Hippie-Braut auf jene griechische Insel weiter, wo sie nicht nur den adretten Segler Bill (Josh Dylan) sowie den Aussteiger Sam (Jeremy Irvine) kennen und lieben lernt, sondern sich auch in das alte Haus auf dem Berg verliebt, das sie später als werdende Mutter zum Hotel ausbauen wird.

Es ist eine große Freude die drei Verehrer, die man aus dem ersten Teil in einem eher gesetzteren Alter vorgeführt bekommen hat, nun als jugendliche Retroversion zu sehen. Sicherlich hätte man das freigeistige Lebensgefühl der 1970er Jahre noch ein wenig plastischer gestalten können. Als romantische Nostalgie-Vision funktionieren die Rückblenden recht gut, auch wenn Lily James ("Cinderella" /"Downton Abbey") als junge Reinkarnation von Meryl Streep nicht überzeugen kann.

Die Schwierigkeiten liegen eher auf der gegenwärtigen Erzählebene, in der die Hinterbliebenen ein wenig zu ausführlich um die gute Donna trauern. Die anstrengende Redundanz posthumer Zuneigungsbekundungen trübt nicht nur die Wiedersehensfreude mit den geliebten Figuren, sondern verstärkt auch im Publikum die Phantomschmerzen, die durch Streeps Abwesenheit freigesetzt werden. Da muss am Ende schon Cher als obercoole Großmutter mit dem Hubschrauber eingeflogen werden und "Fernando" schmettern, um ein wenig Partystimmung aufkommen zu lassen. Musikalisch hat sich Parker tief in den ABBA-Fundus eingegraben und mixt erfolgreich weniger bekannte melancholische Songs wie "I've Been Waiting For You" mit Gassenhauern á la "Waterloo".

"Mamma Mia: Here We Go Again" wird die Fanherzen sicherlich erfreuen, aber an den entspannt feministischen Geist und die lustvoll aufgedrehte Stimmung des Originals kommt das Nachfolgewerk nicht so recht heran.

Mamma Mia! Here We Go Again, USA, Großbritannien 2018 - Regie: Ol Parker, mit Meryl Streep, Amanda Seyfried, Pierce Brosnan, 116 Min.

(RP)
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