Konzertkritik Fettes Brot machen Quatsch und zeigen Haltung

Köln · König Boris, Dokter Renz und Björn Beton sind zwar mittlerweile Mitte 40, aber man kann mit den Hamburger Rappern von Fettes Brot immer noch die besten Partys feiern. Beim ersten von zwei ausverkauften Konzerten im Kölner Palladium erfreuten sie die rund 4000 Fans allerdings nicht nur mit vielen Hits und jeder Menge Quatsch, sie haben auch verstanden, dass man in diesen Zeiten Haltung zeigen muss.

Ans Ende des umjubelten Auftritts setzen sie das Stück „An Tagen wie diesen“, mit dem sie bereits vor 14  Jahren die zunehmende Abstumpfung im Strudel schrecklicher Nachrichten von Kriegen und Terroranschlägen zum Thema machten. Als erste Zugabe stimmen sie „Du driftest nach rechts“ an, eine erstaunliche Nummer ihres neuen Albums „Lovestory“. Fettes Brot waren immer gut darin, eingängige und irre komische Texte über merkwürdige Beziehungskonstellationen zu schreiben: „Jein“ von 1996 ist das beste Beispiel: Die Fans können jede Zeile auswendig und rappen sie fast lauter als das Trio auf der Bühne, das von einer Live-Band mit Schlagzeug, Bass, Keyboards, Plattentellern und Saxophon unterstützt wird.

In „Du driftest nach rechts“ erzählen sie ungewöhnlich ernst von einer Beziehung, die dem Ende entgegengeht: „Früher warst du ein leuchtendes Vorbild in Sachen Haltung / Hast voller Begeisterung für Punk-Rock geschwärmt“. Aber jetzt: „Ich mag‘s nicht, wie du bist, wenn der Frust dich frisst / Wenn du Wohnungslose und Journalisten disst / Und von Geflüchteten als Touristen sprichst. Dann schmecken auch die Küsse nicht mehr, und es ist nur noch eine Frage der Zeit, dann muss ich gehen, tut mir leid.“

Dass Fettes Brot, deren Publikum vor allem auf Party gepolt ist, so eine Nummer als erste Zugabe setzen, verdeutlicht, wie stark Künstler aller Sparten die Zeichen der Zeit erkennen, klare Statements setzen wollen. Der Titel zündet – und trotzdem fliegen später die Bierbecher zu „Schwule Mädchen“ und „Meh‘ Bier“ quer durch den Saal.

„Ist Viva Con Agua“ hier“?, fragt einer der Rapper, als ein Becher auf die Bühne fliegt. Irgendwo in der Hallenmitte winken zwei Fahnen der Organisation, die Pfandbecher einsammelt und das Geld für Trinkwasser-Projekte auf der ganzen Welt einsetzt. „Kommt Leute, wir schaffen es, dass der Becher mit drei Würfen bei Viva Con Agua landet.“ Die Fans brauchen zwar sieben – aber dafür kommen auf dem Weg noch mehr Becher dazu – und die Erkenntnis, dass sich grandioser Quatsch und klare Haltung ziemlich gut vereinen lassen.

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