Mannheim Experten halten Fremdwörter für eine Bereicherung

Mannheim · So etwas hören Kulturskeptiker nicht gerne: dass es nämlich der deutschen Sprache selbst im 21. Jahrhundert gutgeht. Und es gibt Wissenschaftler, die keck behaupten, dass es ihr noch nie besser ergangen sei als heute, was bei einer Sprachgeschichte von rund 1300 Jahren auch keine Kleinigkeit ist. Die deutsche Sprache ist eine vitale Sprache, die sich nach wie vor durch innere und äußere Einflüsse zu wandeln versteht, sagt Albrecht Plewnia, Wissenschaftler am Institut für Deutsche Sprache in Mannheim, das seit 50 Jahren das Deutsche forschend begleitet.

Beim Wandel der Sprache fallen einem selbstverständlich sofort die vielen bösen Fremdwörter ein. Doch erstens sollen es gar nicht so viele sein, und jene, die es schaffen, ein Bein auf den Boden unserer Sprache zu bringen und vielleicht Wurzeln zu schlagen, werden als Bereicherung angesehen. Plewnia nennt das einen "Zugewinn an Bedeutungsdifferenz" – mit anderen Worten: Auch Dank der sogenannten Fremdwörter kann man im Deutschen differenziert hochkomplexe Zusammenhänge beschreiben. Zudem verdrängt kaum ein Fremdwort ein deutsches Wort mit ähnlicher Bedeutung. "Ein Event", so Plewniak, "ist nicht mit einem Ereignis vergleichbar, sondern eben ein Event."

Das macht eine Sprache reicher, deren Wortschatz bis heute nicht seriös beziffert werden kann. 150 000 meinen die Vorsichtigen, 500 000 die Forschen. Und ob die Wahrheit auch dabei in der Mitte liegt, steht in den Sternen. "Schuld" daran sind die für das Deutsche so typischen Komposita, als Wortzusammensetzungen wie die "Haustüre". Aber auch unsere Grammatik lebt. Dass heute kaum noch das Futur gebraucht wird, lässt Plewnia kalt. Schließlich hätten das die Germanen auch nicht gekannt. Denn unser Futur ist nichts anderes als ein Import aus dem Lateinischen.

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort