Eve Babitz Sie inspirierte die Doors zu „L.A. Woman“

Los Angeles · Eine Entdeckung: Niemand schrieb so charmant über das Goldene Zeitalter des Rock wie Eve Babitz.

 Eve Babitz in den 1970er Jahren in Los Angeles.

Eve Babitz in den 1970er Jahren in Los Angeles.

Foto: babitz/Mirandi Babitz

Es ist der Tonfall, in dem sie all das erzählt, und es sind natürlich auch die Leute, von denen sie erzählt, und in den besten Momenten hört sich das dann so toll an wie in dieser Episode über die Musiker Keith Richards und Gram Parsons: „Sie waren wunderschön, aber man durfte nicht zu lange hinsehen. Alles konnte jeden Moment zerbrechen, vor unseren Augen verglühen.“

Eve Babitz hat das geschrieben, vor vielen Jahren schon, und dass das deutsche Publikum ihre Texte erst jetzt zu lesen bekommt, liegt daran, dass die heute 76 Jahre alte Autorin des bestgehütete Geheimnis Hollywoods ist. Dabei hat kaum jemand so heiter und gewitzt über diese Zeit und diesen Ort geschrieben wie sie: die 1960er und 70er Jahre in Los Angeles, eine der wichtigsten und aufregendsten Phasen in der Geschichte des Pop.

„Eve’s Hollywood“ heißt der Band, der 1974 im Original erschien und Jahrzehnte verspätet endlich auch bei uns herauskommt. Der Schriftsteller Tino Hanekamp hat das Buch übersetzt, und er hat den Babitz-Plauderton genau getroffen. Sie schreibt episodisch und pointiert; eine Autobiographie aus kleinen Erzählungen ist das. Der Leser meint, eine Freundin beim Selbstgespräch zu belauschen.

Babitz wuchs in L.A. auf: die Mutter Künstlerin, der Vater Orchestermusiker bei 20th Century Fox, der Patenonkel Igor Strawinsky. Überhaupt begegnete Babitz von früh auf allen, die Rang und Namen hatten in Old Hollywood und im Goldenen Zeitalter des Rock. Sie berichtet, wie Greta Garbo, Charlie Chaplin und Aldous Huxley einmal gemeinsam picknickten, und sie schwärmt von den blauen Augen Jim Morrisons.

Babitz begann eher zufällig zu schreiben, sie hatte zuvor Plattenhüllen designt, für die Byrds etwa, sie war dort, wo sich etwas ereignete, sie war also überall, und sie sah hin. Annie Leibovitz fotografierte sie, und die Doors ließen sich von ihr zu einem berühmten Song inspirieren, „L.A. Woman“ heißt er. „Ich war hübsch und klug und voller Verachtung und Ungeduld“, sagte sie über sich selbst. Ihre Texte erschienen in der „Vogue“ und im „Rolling Stone“, sie war so etwas wie der Paul Sahner der West Coast, und als sie nach einem Intermezzo in New York, wo sie für die „Village Voice“ arbeitete, heimkehrte, datierte sie die Zeit anhand von Platten: Es erschienen „Superman“ von Donovan und „Revolver“ von den Beatles. Babitz sah sich als „Spionin im Land der Priviligierten“, sie schritt staunend durch ihre Stadt, sie kannte Gott und die Welt. Ihr werden Affären mit Harrison Ford, Jim Morrison und Steve Martin nachgesagt, es gibt ein Foto, auf dem sie mit Marcel Duchamp im Pasadena Art Museum nackt Schach spielt.

Ihre Texte wurden von Kollegen wie Joan Didion gerühmt, und dennoch waren sie in den USA jahrelang vergriffen. So bleibt eine Autorin zu entdecken, die einen anderen Ton anschlägt, die arglos, mitunter spöttisch auf diese ja sehr breitbeinige Ära blickt. Die Resonanz ist enorm, eine TV-Reihe nach Motiven aus Babitz-Romanen wird derzeit produziert, eben ist eine Biografie erschienen, ihre Werke werden in Klassikerausgaben neu gewürdigt.

Von Babitz selbst hört man indes nichts. Sie lebt nach wie vor in Los Angeles, heißt es, aber völlig zurückgezogen. 1997 fiel Glut von einer Zigarette auf ihren Rock. Er ging in Flammen auf, Babitz soll an fast der Hälfte ihres Körpers Verbrennungen dritten Grades davongetragen haben.

Info Eve Babitz: „Eve’s Hollywood“,
Heyne Hardcore, 384 S., 22 Euro

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