Essen soll Standort von Fotoinstitut werden Herber Rückschlag für Düsseldorfs Fotopläne

Berlin · Analyse Düsseldorf sah sich als Standort für das nationale Fotoinstitut gesetzt. Ein von der Kulturstaatsministerin eingesetztes Gremium offenbart jetzt andere Pläne.

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Von einem guten Tag für die Fotografie sprach Monika Grütters (CDU) – ein schlechter Tag wurde es indes für Düsseldorf. Denn was eine von der Kulturstaatsministerin einberufene Expertenkommission am Dienstag zu verkünden hatte, mochte man sich in der Stadt bislang nicht vorstellen. Die Experten gaben Auskunft über ihr Konzept für ein nationales Fotoinstitut und sprachen dabei auch eine Empfehlung aus: Nicht Düsseldorf solle Standort des Bundesinstituts werden, sondern Essen.

In Düsseldorf konnte man das kaum glauben, die Stadt hatte sich bislang als gesetzt angesehen. Der Haushaltsausschuss des Bundestages hatte schließlich im November vergangenen Jahres 41,5 Millionen Euro für einen Neubau am Ehrenhof nahe Kunstpalast und NRW-Forum in Aussicht gestellt, das Land Nordrhein-Westfalen wollte ebenso viel beisteuern. Damit war die Sache für die Beteiligten erledigt, allerdings hatte man die Rechnung ohne Monika Grütters gemacht. Nachdem sie die Entscheidung für Düsseldorf zunächst als „Referenz an die große fotografische Tradition“ erklärte, betrachtete sie die Standortfrage wenig später wieder als offen.

In Düsseldorf begegnete man dem Einwand Grütters’ mit Verweis auf die durch den Haushaltsausschuss getroffene Entscheidung; auch ein um den Fotokünstler Andreas Gursky gegründeter Förderverein, der mit der Stadt ein Konzept erstellt hatte, blieb dabei: Düsseldorf wird’s! NRWs Kulturministerin Isabel Pfeiffer-Poensgen (parteilos) legte sich ebenfalls auf die Landeshauptstadt fest. Staatsministerin Grütters soll sich düpiert gefühlt haben. Die Entscheidung des Haushaltsausschusses fand sie „irritierend“, sagte sie. Sie halte es bei Projekten, für die Bundesgelder ausgegeben werden sollen, für seriös, die Meinung von Experten zu hören.

Grütters selbst hatte im vergangenen Sommer eine Kommission beauftragt, ein Konzept für eine zentrale Einrichtung für Fotografie zu erstellen – während andere im Bund zeitgleich Lobbyarbeit für Düsseldorf machten. Jetzt sieht es so aus, als seien zwei Institute aneinander vorbeigeplant worden, als habe man bei Stadt und Land versäumt, mit Grütters ins Gespräch zu kommen. Auf Anfrage bei Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) verwies dieser am Dienstag auf Isabel Pfeiffer-Poensgen. Die Kulturministerin wollte von Versäumnissen allerdings nichts wissen.

Grütters und Pfeiffer-Poensgen stünden seit jeher im engen Austausch, sagte ein Sprecher. Nach Auswertung des Experten-Gutachtens würden Kulturministerin und Kulturstaatsministerin „das weitere Vorgehen miteinander abstimmen und dabei auch das Gespräch mit den Städten Düsseldorf und Essen führen“. Nachdem sie sich monatelang für Düsseldorf ausgesprochen hatte, hält die Ministerin nun beide Städte für „hervorragende Orte für ein nationales Fotoinstitut“.

Der Büroleiter von Düsseldorfs Oberbürgermeister Thomas Geisel (SPD), Jochen Wirtz, verwies darauf, dass der Standort Essen bislang nur die Empfehlung der Expertenkommission ist. Bundestag und Landtag hätten die Finanzierung für Düsseldorf beschlossen. „Die Entscheidung dieser demokratischen Gremien sollte in einer Demokratie einen gewissen Wert haben“, sagte Wirtz. Ob die bereitstehenden Mittel auch für den Standort Essen ausgegeben werden dürfen, müsse in den kommenden Wochen geklärt werden, heißt es aus dem NRW-Kulturministerium.

Tatsächlich scheint das letzte Wort noch nicht gesprochen, auch wenn die Tendenz durch die Empfehlung der Kommission nun eindeutig Richtung Essen geht. Dort plant man das Fotoinstitut auf dem Gelände des Unesco-Welterbes Zeche Zollverein. Ob Neubau oder Einrichtung in einem Bestandsgebäude – beides sei möglich, sagte eine Essener Stadtsprecherin.

Für Essen sprechen laut den Experten vier dort bereits eng mit der Fotografie verbundene Einrichtungen: das Krupp-Archiv, das Fotoarchiv des Ruhr-Museums, die Folkwang-Universität und das Folkwang-Museum. Die Tradition der Förderung von Fotografie in Essen habe die Kommission am meisten überzeugt, sagte der Leiter des Gremiums, Thomas Weski. Ein Beigeschmack hat die Empfehlung für Essen indes dadurch, dass auch Fotohistorikerin Ute Eskildsen in der Kommission mitentschied. Eskildsen war von 1991 bis 2012 stellvertretende Direktorin des Museums Folkwang und leitete dort die fotografische Sammlung.

Am Düsseldorfer Konzept bemängelten die Experten, dass es sich auf die „aktuelle künstlerische Fotografie“ beschränke. Es bleibe hinter den Möglichkeiten einer umfassenden, kunst- und kulturhistorischen Perspektive auf das fotografische Kulturerbe zurück. Auch kritisierte man eine im Entwurf überdimensionierte Ausstellungsfläche. Fotokünstler Gursky und sein Kollege Moritz Wegwerth, die das Konzept erarbeitet hatten, äußerten sich auf Anfrage nicht.

Hauptaufgaben des Instituts sollen nach Willen der Kommission die Sicherung und Aufarbeitung von Vor- und Nachlässen herausragender deutscher Fotografen sein. Forschung zu Restaurierung und Konservierung soll betrieben werden. Ausstellungen sollen nur eine Nebenrolle spielen. Monika Grütters sprach im Hinblick auf die Standortfrage von einer „etwas kniffligen politischen Aufgabe“, auch Kooperationen seien denkbar. „Wir versuchen als nächstes, die Interessen zusammenzuführen.“

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