Neue Krise im Erzbistum Köln Weihbischof Steinhäuser ordnet Untersuchung an

Köln · Möglicherweise wurden Aufträge zur Untersuchung der Missbrauchsaufklärung nicht rechtmäßig vergeben. Delegat Markus Hofmann, der um Beurlaubung gebeten hat, soll nach dem Willen Roms im Amt bleiben.

 Administrator des Erzbistums Köln, Rolf Steinhäuser nach einem Bußgottesdienst im Kölner Dom.

Administrator des Erzbistums Köln, Rolf Steinhäuser nach einem Bußgottesdienst im Kölner Dom.

Foto: dpa/Henning Kaiser

Im Erzbistum Köln dauert die Krise auch in der Auszeit von Kardinal Rainer Maria Woelki unvermindert an. So hat Weihbischof Rolf Steinhäuser - er leitet als Apostolischer Administrator noch bis März das Erzbistum – eine neue Untersuchung angeordnet. Dabei geht es um mögliche unrechtmäßige Auftragsvergaben im Umfeld der Untersuchung zu sexualisierter Gewalt. Sowohl der Vermögensrat als auch das Konsultorenkollegium (Domkapitel) sollen nach Auskunft des Erzbistums damals nicht einbezogen worden sein. Das aber ist nach dem Kirchenrecht erforderlich. Steinhäuser, der beide Gremien jetzt darüber informierte, hat – wie es heißt – umgehend zwei unabhängige Kirchenrechtler mit der Prüfung des Sachverhalts beauftragt. Außerdem sei der Heilige Stuhl in Rom von den neuerlichen Kölner Vorgängen „in Kenntnis gesetzt“ worden.

Im Mittelpunkt der Vorwürfe steht der frühere Generalvikar des Erzbistums, Markus Hofmann. Dieser wurde, nachdem Woelki von Papst Franziskus wegen schwerer Fehler in der Kommunikation eine Auszeit bis März verordnet worden war, als Delegat eingesetzt und somit an die Seite Steinhäusers gestellt. Bis zur Klärung der neuen Vorwürfe hat Hofmann den Administrator gebeten, ihn gleichfalls zu beurlauben. Allerdings hat der Präfekt der römischen Bischofskongregation, Kardinal Marc Ouellet, Steinhäuser angewiesen, von einer Beurlaubung Hofmanns bis auf weiteres abzusehen. Vielmehr sollen zunächst alle Kölner Vorgänge Rom umfassend zur Prüfung vorgelegt werden.

Hintergrund der erneuten Vorwürfe sind die horrenden Kosten, die das Erzbistum in den Jahren 2019 bis 2021 in Höhe von 2,8 Millionen Euro für die unabhängigen Untersuchungen zur Aufklärung sexuellen Missbrauchs aufwendete. Erst vor wenigen Tagen hatte Delegat Hofmann dem Kölner Kirchensteuer- und Wirtschaftsrat diese Zahlen präsentiert. Darin enthalten sind Kosten für die zwei juristischen Hauptgutachten von gut 1,27 Millionen Euro, für weitere rechtliche Beratung in Höhe von 588.000 Euro sowie die Kosten für die Krisenberatung von knapp 820.000 Euro. Allein das Gutachten der Münchner Kanzlei Westpfahl Spilker Wastl (WSW) soll nach „Bild“-Informationen 770.000 Euro gekostet haben. Das Erzbistum hatte eine Veröffentlichung des WSW-Gutachtens wegen vermeintlich „methodischer Mängel“ erst verschoben, dann aber ganz ausgesetzt und schließlich den Kölner Strafrechtler Björn Gercke mit einem zweiten Gutachten beauftragt. Dieses wurde dann in diesem Jahr veröffentlicht. Dem Wirtschaftsrat hatte Hofmann erklärt, dass das Erzbistum mit seiner unabhängigen Untersuchung sowohl juristisch als auch publizistisch Neuland betreten und dafür auch Lehrgeld bezahlt habe: „Das war ein schmerzhafter und teurer Prozess“, so Hofmann. Insbesondere habe sich in der Diskussion um das WSW-Gutachten, das nach seinen Worten auch mit Nachbesserungen nicht veröffentlichungsfähig gewesen sei, „eine mediale Ausnahmesituation ergeben“, die ohne externe Hilfe nicht mehr zu handhaben gewesen sei.

Markus Hofmann war von Rom als sogenannter Delegat eingesetzt worden. Vor seinem Amtsantritt als Administrator hatte Weihbischof Steinhäuser in Rom angefragt, ob er den Generalvikar aus seinem Amt entlassen könne. „Darauf hat mir Kurienkardinal Marc Ouellet, quasi der Personalchef der Universalkirche, gesagt: Nein, das können Sie nicht. Das hat meine Möglichkeiten klar begrenzt“, so Steinhäuser in einem Gespräch mit unserer Zeitung. Dennoch bezeichnet der Weihbischof Markus Hoffmann als einen der loyalsten Menschen, die er kenne.

Die 2,8 Millionen Euro sollen nach Aussage Hofmanns nicht unmittelbar aus Kirchensteuermitteln finanziert worden sein. Sie stammen aus einem Sondervermögen der Diözese. Dieser „Fonds für Bedürfnisse des Bistums“ ist im Wesentlichen durch Abgaben von Klerikern aus vergangenen Jahrzehnten gebildet worden. Auch die Leistungen zur Anerkennung des Leids für die Betroffenen sexualisierter Gewalt sind aus dem Fonds bestritten worden.

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