Ein Film über den Wald

Dokumentation "Das grüne Wunder"

Wo diese Kamera nicht alles hinkommt! Auf Baumwipfel hinauf zu den Vögeln, in den Teich hinab zu den Kröten, ja, sogar in einen Pilz hinein, in dem Ameisen herumkrabbeln. Und was da noch so alles kreucht, fleucht, brummt, knirscht, röhrt, wächst und blüht! Da hebt der Hirschkäfer ab wie ein schwerer Raumkreuzer, dreht sich in der Luft und schwirrt davon; da tollen die Wildschweinfrischlinge zu Flötenmusik herum; da wiegen sich –"Fantasia" lässt grüßen! – die Sporen im Walzertakt. Mal unendlich verlangsamt in Superzeitlupe, mal hochbeschleunigt im Superzeitraffer führt uns der Dokumentarfilmer Jan Haft in seiner Produktion "Das grüne Wunder" den Jahreskreislauf der Natur vor und zeigt uns in sensationellen Bildern den Lebensraum Wald. Der Nachtflug einer Eule wird hier zum magischen Kinomoment. Und der Filmemacher ist natürlich auch da in jenem entscheidenden Moment, wo der Frosch ins Wasser hüpft.

"Die Wildschweine haben einen harten Winter hinter sich", sagt Benno Fürmann als Erzähler, der die Bäume als "schlafende Riesen" bezeichnet oder den Mistkäfer zum "Recyclingspezialisten" erklärt. Und wenn er "kleine Dramen" ankündigt wie jenes vom Käfer, den ein Regentropfenbombardement vom Blatt purzeln lässt, hört man sogar eine gewisse Empathie heraus. Aber die große Vermenschlichung dieser Welt vermeidet der Film, und er hat auch, obwohl er durchaus unsentimental und handfest vom Kampf ums Dasein berichtet, kein übergroßes Interesse an jenen blutigen Jagd- und Splatterszenen, die für manche Naturdokus zur Hauptsache geworden sind.

Tatsächlich steckt in diesem "Grünen Wunder" noch ein bisschen vom Geist der alten Schul- und Lehrfilme, die mal im Biologieunterricht durch den Projektor gerattert sind. Aber allzu pädagogisch geht es in dieser Schilderung eines eigenen Universums dann doch nicht zu, im Zweifelsfall wird sowieso lieber auf den spektakulären Effekt gesetzt, auf die pfiffige Pointe: Wenn hier eine Hummel ihren Stachel ausfährt, dann klingt das so metallisch-scharf, als ziehe sie ihren Degen!

Der Mensch spielt in diesem Film übrigens keine Rolle, jedenfalls nicht als Teilnehmer. In den letzten Minuten allerdings wird er vom Erzähler ermahnt, auf dieses grüne Wunder gut aufzupassen. llll

(RP)
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