Kommödchen verschiebt Premiere und gibt Sonderveranstaltung Kabarett im Schatten des Krieges

Düsseldorf · Das Kommödchen verschiebt seine Jubiläumspremiere „Bulli“, weil das neue Stück ohne Einlassung auf den Ukraine-Krieg undenkbar wäre. So wird manches neu geschrieben. Bis dahin gibt es eine Solidaritätsveranstaltung.

 Das Kommödchen-Ensemble von links nach rechts: Daniel Graf, Maike Kühl, Martin Maier-Bode und Heiko Seidel

Das Kommödchen-Ensemble von links nach rechts: Daniel Graf, Maike Kühl, Martin Maier-Bode und Heiko Seidel

Foto: Kommödchen/Christian Rolfes

Im Kommödchen wird zur Zeit geschuftet. Mehrere Stunden am Tag wird geprobt – und das alles mit Blick aufs Jubiläumsprogramm: Das wird „Bulli. Ein Sommermärchen“ heißen und sollte Ende März quasi Weltaufführung feiern. Denkste. Denn ein Stück zur „Lage unserer Utopien und Sehnsüchte“ wird nicht spielbar sein, ohne auch auf den Krieg in der Ukraine einzugehen. Schon gar nicht als politisches Kabarett.

Also wird jetzt vieles umgeschrieben, neu bedacht und die Premiere auf den 26. April verschoben. Die Weltlage, so teilte das Kommödchen mit, habe sich so verändert, „dass wir die aktuellen kriegerischen Kampfhandlungen in Europa nicht ignorieren wollen und dürfen. Es ist uns ein Anliegen, auf die Situation zu reagieren.“ Gemeinschaftlich sei darum entschieden worden, das Programm kurzfristig umzuschreiben.

Bis dahin will Düsseldorfs berühmte Kabarettbühne ein Zeichen der Solidarität setzen und den notleidenden Menschen in Ukraine helfen. So wird es eine Zusatzveranstaltung von „Quickies. Schnelle Nummern zur Lage der Nation“ geben, am Samstagnachmittag, 12. März, um 16 Uhr. Sämtliche Einnahmen, Gagen und Honorare dieser Veranstaltung werden an „Ärzte ohne Grenzen“ gespendet.

Die vier Ensemble-Mitglieder haben uns geschrieben, was sie in diesen Tagen des Krieges in der Ukraine denken, fühlen und hoffen.

Daniel  Graf: „Ich kann die Nachrichten wirklich kaum ertragen. Und kann mich davon auch nur schwer abgrenzen. Für mich fühlt es sich an, als wird mein gesamtes Leben seit 1989 infrage gestellt. Als bedroht Putin mit seinen Panzern alles, was wir mit der friedlichen Revolution 1989 für die Demokratie und die Freiheit erreicht haben. Es gehört zu meinen ganz privaten Albträumen, dass dieses repressive System, in dem ich aufgewachsen bin, eines Tages wieder zurückkommt und alles wieder mit Gewalt rückgängig macht. Das erleben jetzt die Menschen in der Ukraine so brutal, wie wir es uns nicht vorstellen können. Ich habe die ganze Zeit das Gefühl, ich muss irgendetwas tun, um zu helfen, sonst halte ich das nicht aus.“

Zur Person Daniel Graf hat zu DDR-Zeiten heimlich Flugblätter abgetippt und eine Bürgerbewegung mitbegründet. Er absolvierte an der Leipziger Hochschule für Musik und Theater „Felix Mendelssohn Bartholdy“ eine Schauspielausbildung, spielte am Deutschen Nationaltheater Weimar, am Theater Heidelberg und Düsseldorfer Schauspielhaus.

Maike Kühl: „Fassungslosigkeit, Wut, Sorge und vor allem große Trauer über das Leid, das gerade über so viele Menschen in der Ukraine hereingebrochen ist. Das waren unsere ständigen Begleiter in den vergangenen Proben- und Vorstellungstagen im Kommödchen. Daraus erwuchs der Wunsch, konkret zu helfen – gemeinsam mit unserem wunderbaren Publikum.“

Zur Person Nach einjährigem Journalistikstudium absolvierte Maike Kühl ihre Schauspielausbildung an der Otto-Falckenberg-Schule. Es folgten Schauspielengagements an den Münchner Kammerspielen, in St. Gallen, Bern und Köln. Seit 2006 ist sie am Kommödchen.

Heiko Seidel: „Wir können’s der Welt nicht zeigen! Zumindest aber Düsseldorf! Wir können nichts verhindern … aber wir können die, die es betrifft, ein bisschen unterstützen! Und wir können zeigen, auf wessen Seite wir stehen! Wir stehen zu denen, die diesen Krieg nicht wollen … die Ukrainer! Aber auch der größte Teil der russischen Bevölkerung! Die wollen dieses Inferno auch nicht! So…und dann verkaufe ich meinen russischen Lada. Das hatter nun davon…der Arsch!

Zur Person Nach seinem Schauspielunterricht in Dresden lernte er an der Clownschule bei Peter Shub (New York) und nahm Akrobatikunterricht in Zürich. Er war zu sehen in Produktionen des Düsseldorfer Schauspielhauses oder des Bauhaus in Dessau. Diverse Abstecher in TV-Comedyformate. Seit 20 Jahren hat Seidel seine künstlerische Heimat im Kommödchen gefunden.

Martin Maier-Bode: „Ich glaube, in einer solchen Zeit ist es für uns alle wichtig, mit all den Sorgen, Fragen, der Wut, den Wünschen, dem Hoffen und auch dem Willen, wieder lachen zu können, nicht alleine zu bleiben. Gemeinsam lachen kann dich nicht nur durch so eine Krise tragen, es ist konkret auch das Gegenkonzept zu Krieg, Hass und Abgrenzung. Wir lachen all den Putins dieser Welt ins Gesicht!“

Zur Person Mit dem Autorengespann Ehring und Jacobs hat er 1997 das Erfolgsprogramm „Die letzten Tage von Erkrath“ geschrieben. Auch in der Zeit danach, als er in Hamburg für die „Sesamstraße“ und den „Henri-Nannen-Preis“ gearbeitet hat, als er in Berlin der künstlerische Leiter der „Distel“ wurde und während er mit diversen Solo- und Duoprogrammen quer durch Deutschland tourte – blieb er dem Kommödchen verbunden. Dorthin ist er auch zurückgekehrt.

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