Fritz Karl liest im Schumann-Saal Die leisen Töne der Doppelmoral
Düsseldorf · Der Schauspieler Fritz Karl liest am 26. März im Robert-Schumann-Saal aus Stefan Zweigs abgründiger Novelle „Brennendes Geheimnis“.
Pünktlich um 12 Uhr ruft Fritz Karl an, wie versprochen. Er kommt von Dreharbeiten aus Kärnten und ist gerade auf dem Hauptbahnhof in München eingetroffen. „Gleich geht‘ s weiter“, sagt er. Aber Zeit genug für ein Gespräch über seine Lesung in Düsseldorf am 26. März. Zum wiederholten Mal gastiert der Schauspieler in der Reihe „Zweiklang! Wort und Musik“ im Robert-Schumann-Saal. Sogleich hat er ein Lob parat: „Stets erlebte ich ein hervorragendes Publikum, hochkonzentriert und humorvoll.“
Bei Stefan Zweigs Novelle „Brennendes Geheimnis“ begleitet ihn der Klarinettist Maciej Golebiowski. „Er improvisiert auch mit anderen Instrumenten“, ergänzt Fritz Karl, „damit zeichnet er ein Stimmungsbild zwischen den Szenen.“ Stefan Zweig sei eine literarische Entdeckung für ihn gewesen: „Ich hatte ihn gar nicht auf dem Schirm, obwohl wir beide aus Österreich sind. Aber das Wunderbare am Schauspielerberuf ist ja, dass man immer noch etwas dazulernt und fürs Lernen sogar bezahlt wird.“
Er liebt solche Live-Auftritte. „Da ich nicht mehr Theater spiele, sind meine Lesungen ein schöner Ersatz für die Bühne“, erzählt er. „Ich gestalte sie szenisch. Das ist anstrengend, braucht seinen Platz und eine gute Vorbereitung. Es ist nicht damit getan, ein Buch auszupacken und loszulegen. Die Atmosphäre, die man erzeugt, überträgt sich aufs Publikum.“
Im Vorjahr begeisterte er mit einem hinreißenden „Tango“-Programm. Bei „Brennendes Geheimnis“ werden leisere Töne angeschlagen. Fritz Karl nimmt seine Zuhörer mit in eine Welt der trügerischen Doppelmoral. Die Handlung, angesiedelt im Kurort Semmering, kreist um drei Personen: einen gelangweilten jungen Baron, eine attraktive jüdische Frau und deren Sohn. Keine der Figuren sei ihm am liebsten, sagt der Schauspieler. „Ich mag alle. Den Baron, der seine Spielchen treibt, die Mutter, den Jungen und am Ende den Vater, der kommt und auf den Tisch haut. Ich habe es wahnsinnig gern, wenn ich das Publikum abholen und mitnehmen kann. Das ist das Schönste.“
Abseits der hohen Literatur und zahlreicher Fernsehfilme hat es sich Fritz Karl in einer Parallelwelt gemütlich gemacht. Er ist Vater von sieben Kindern, vier davon hat er mit seiner temperamentvollen Frau Elena Uhlig. Während der Coronazeit entwickelte das Schauspieler-Paar auf Instagram einen ulkigen Podcast, gesendet wird vom stillen Örtchen. Dabei muss er sich viel Spott gefallen lassen. „Dann denken alle: O je, der arme Mann. Das ist natürlich Kalkül, wir spielen Archetypen“, klärt er auf. Der Erfolg ihrer Auftritte inspirierte Uhlig und Karl zum Programm „Beziehungsstatus: erledigt“, ab März sind sie damit auf Tournee.
Es gibt viele Anekdoten im Leben des Schauspielers: wie er wegen heimlichen Zigarrenrauchens die Wiener Sängerknaben verlassen musste oder aus dem Max-Reinhardt-Seminar flog. „Eine Karriere des Ungehorsams“ nannte er es einmal. Was blieb vom Rebellentum? „Genug“, antwortet er. „Das hat sich gehalten, sonst würde ich diesen Beruf nicht machen können.“