Düsseldorf: Quasthoff von Jazz bis Blues

Große Musiker sollte man nie in eine Schublade stecken. Diesen Satz hatte sich die Rezensentin soeben notiert, als Bariton Thomas Quasthoff von der Bühne justament kommentierte: "Die Kritiker versuchen doch immer, uns in eine Schublade zu packen, aber da passt so manches Stück heute Abend nicht rein."

Versuchen Kritiker nicht immer. So macht Thomas Quasthoff in der Düsseldorfer Tonhalle mit seinem hochrangig besetzen Jazz-Quartett eine ganze Kommode voller Schubladen auf: Jazz, Blues, Soul, Pop und Country, sogar in die Improvisations-Kiste greift er, solo. Technisch perfekt erzählt er allein mit Lauten und allen Registern der Stimme kleine Geschichten. Mit Witz und Ironie versteht Quasthoff es, ein Orchester nachzuahmen. Und auch das Düsseldorfer Publikum bekommt mit Anspielungen auf "Altbier" und den "1. FC Köln" sein Fett weg.

Humor, Wärme und Leidenschaft geben dem Abend sein Timbre. Dieses Jazz-Projekt ist Quasthoff eine Herzensangelegenheit, und das hört man in jedem Ton. Wie schön, eine Stimme zu hören, die technisch aus dem Vollen schöpfen kann und deswegen sensibel Nuancen der Stimmung abzutönen versteht, mit unendlicher Freude an der Musik selbst. Dann ist das Genre auch egal.

Das Ensemble steht dem nicht nach. Kühn dreht Bassist Dieter Ilg im Intro zu Tina Turners "I can stand the rain" die Spieltechnik am Bass einfach um, indem er die Saiten oberhalb der Verkürzung zupft oder nur mit dem Finger anschlägt: Regentropfen eben.

Euphorisch aufgepeitscht vom Offbeat-Rhythmus fliegen die Finger des Pianisten Frank Chastenier über Flügel, Hammond-Orgel und E-Piano, kaum zu stoppen in seinen schwindelerregenden Improvisationen. In der Ballade "Danny Boy" klingen schließlich leisere Töne an, das Licht dimmt herunter, die Bühne wird zum intimen Western-Saloon.

Gitarrist Bruno Müller nimmt einfühlsam die Stimmung als lyrischer Gegenpart zur Stimme auf. Nach ausgiebigem Scherzen über die Country-Musik und die viel zitierten Schubladen spielt das Quintett "Rider in the rain" lieber in der Rock-Version, Randy Newman wird es ihnen vergeben.

Rockig interpretieren sie auch die Reminiszenz an Ray Charles' "Hallelujah, I love her so", Schlagzeuger Wolfgang Haffner spielt sich hier in Ekstase.

Großartige Musiker. Großartige Musik. Ovationen.

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