Diskussion im FFT Düsseldorf Mit dem Alter werden Künstler unsichtbar

Düsseldorf · Welche Rolle spielt das Älter-Werden für darstellende Künstler? Dieser Frage geht die Textsammlung „War schön, kann weg …“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser nach. Am 8. März laden sie zur Diskussion im FFT ein.

Das Projekt „x-mal Mensch Stuhl“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser hat ältere Menschen im urbanen Raum inszeniert.

Das Projekt „x-mal Mensch Stuhl“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser hat ältere Menschen im urbanen Raum inszeniert.

Foto: Angie Hiesl/ Roland Kaiser

Gerade erst haben sich Filmschauspielerinnen zu Wort gemeldet, um darauf hinzuweisen, dass sie ab einem bestimmten Alter keine Rollenangebote mehr bekommen. Ein Problem, das alle darstellenden Künste betrifft, wie die Textsammlung „War schön, kann weg …“ zeigt. Sie wird am Mittwoch, 8. März, 18 Uhr, im Forum Freies Theater (FFT) am KAP 1 vorgestellt wird.

 Autoren- und Künstlerpaar Angie Hiesl und Roland Kaiser aus Köln.

Autoren- und Künstlerpaar Angie Hiesl und Roland Kaiser aus Köln.

Foto: Lammertz, Thomas (lamm)

Die Herausgeber, das Kölner Künstlerpaar Angie Hiesl und Roland Kaiser, haben sich intensiv mit dem Thema „Alter(n) in der darstellenden Kunst“ auseinandergesetzt und dafür Gespräche geführt. Sie wollen der Frage auf den Grund gehen, welchen Herausforderungen sich Künstlerinnen und Künstler gegenübersehen, wenn es um das Alter geht. Dafür haben sie nicht nur Kreativschaffende gefunden, die unmittelbar von den Auswirkungen betroffen sind, sondern auch mit jüngeren Kollegen gesprochen, die noch am Anfang ihrer Karriere stehen. Denken sie darüber nach, wie es sein wird, wenn sie 40 oder 50 Jahre alt sind? Fragen sie sich, ob sie dann noch tanzen, schauspielern und performen können?

Constantin Hochkeppel, Jahrgang 1990, arbeitet mit seiner eigenen Company „KimchiBrot Connection“ im Bereich Physical Theatre, das Geschichten vor allem durch Körperarbeit und Bewegung erzählt. Mit Anfang 30 denkt er bereits laut darüber nach, wie lange er noch auf der Bühne stehen kann: „Wie lange kann ich noch physisch das darstellen, was ich möchte und inwiefern muss ich meine Erwartungen an meine körperlichen Fähigkeiten anpassen?“

Als Theatermacher mit eigener Company entscheidet Hochkeppel schließlich darüber, mit welchen Künstlern er zusammenarbeiten möchte. Hochkeppels Erfahrungen mit älteren Kollegen sind positiv. Er fühle sich mit seiner künstlerischen Vision und Persönlichkeit respektiert, und er sehe den reichen Wissens- und Erfahrungsschatz, den ältere Kreativschaffende mitbringen, als großen Gewinn. Trotzdem kommt der Theatermacher zu dem Schluss: „Manchmal habe ich das Gefühl, Kunst von älteren Menschen ist unsichtbar.“

Doch warum ist das so? Warum bildet gerade die darstellende Kunst die Entwicklung der immer älter werdenden Gesellschaft nicht ab? Darüber möchte Moderator Peter Grabowski am 8. März im FFT mit der Herausgeberin der Textsammlung Angie Hiesl, Ulrike Seybold vom NRW Landesbüro Freie Darstellende Künste und Kathrin Tiedemann vom FFT ins Gespräch kommen.

Besetzt zu werden, um spielen, tanzen und performen zu dürfen, ist nur ein Aspekt des Themas, die Förderung älterer Künstlerinnen und Künstler ein weiterer. Wie soll und muss gefördert werden, um Kunst über eine lange Lebensspanne zu ermöglichen? Darüber wollen dann Andrea Firmenich von der Kunststiftung NRW, Michael Freundt vom Dachverband Tanz Deutschland und Hildegard Kaluza vom Ministerium für Kultur und Wissenschaft NRW diskutieren.

Den Anstoß für das Buchprojekt „War schön, kann weg …“ von Angie Hiesl und Roland Kaiser gab die Tatsache, dass „Ältwerden in den (freien) darstellenden Künsten bis vor einigen Jahren noch keine Option war“. Die beiden hatten vor über zwei Jahrzehnten das Projekt „x-mal Mensch Stuhl“ initiiert, das sich nach eigenem Bekunden „erfolgreich dem Trend des ewig Neuen widersetzt“. Dabei hatten sie ältere Menschen „im Spannungsfeld zwischen Architektur und urbanem Alltag“ in den Fokus gestellt und an Hausfassaden inszeniert. Dafür montierten sie in vier bis sieben Metern Höhe weiße Stahlstühle, die Menschen zwischen 60 und 80 Jahren bei ganz alltäglichen Handlungen zeigten, die mit ihrem persönlichen Leben in Verbindung standen. Das kam so gut an, dass „x-mal Mensch Stuhl“ bislang in 38 Städten und 17 Ländern zu sehen war.

Das 25-jährige Jubiläum des Projekts 2020 nahmen Hiesl und Kaiser zum Anlass, sich dem Thema Altern in den darstellenden Künsten noch einmal intensiver zu widmen. Während des Lockdowns 2020 befragten die beiden sechs Kolleginnen und Kollegen aus der Freien Szene der Bereiche Tanz, Theater und Performance in Video-Interviews. Im Anschluss veranstalteten sie ein Online-Symposium, um die Herausforderungen in den darstellenden Künsten für ältere Kreativschaffende zur Diskussion zu stellen. Ziel der Publikation soll es nun sein, „den Diskurs über Kunst und Alter(n)“ anzuregen.

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