Areal Königsberger Straße 100 Eine neue Bleibe für junge Künstler
Ateliers in der Stadt sind Mangelware. Nun entsteht auf einem ehemaligen Industriegelände in Lierenfeld ein neues Domizil für 19 Künstler. Gelungen ist das Projekt vor allem durch privates Engagement und Unterstützung der Bezirksvertretung.
Berlin ist nicht nur die Hauptstadt, sondern auch das kreative Epizentrum der Bundesrepublik. Rund 8.000 hauptberuflich bildende Künstler lebten 2018 nach Angaben der Künstlersozialkasse in der Bundehauptstadt. Inzwischen dürften es weit mehr sein. Die Künstler kommen teilweise aus dem Ausland, weil ihre Freunde schon dort sind. Gegen diesen internationalen Ansturm berühmter Namen hat es Düsseldorf schwer mitzuhalten, zumal Ateliers Mangelware sind. Jetzt gelang es einem Freundeskreis von Künstlern, an der Königsberger Straße 100 vor Anker zu gehen. Und die Stadt unterstützte das Projekt mit 52.000 Euro.
Das Areal in Lierenfeld gehört der Firma Dibag Industriebau in München, sie übernahm das Düsseldorfer Areal der einst berühmten Waggonfabrik Duewag. Einige Gebäude stehen unter Denkmalschutz, andere werden gerade abgerissen. Im hinteren Teil logieren seit 2007 vier Künstler, die sich wunderten, wieso die eine Hälfte der Geschossfläche zwar noch einen alten Kessel beherbergte, ansonsten aber leer stand. Diese Viererbande, darunter die Biennale-Teilnehmerin Paloma Varga Weisz und der Fotograf Stefan Hostettler, der sowieso wegen des deutschen Fotoinstituts den soeben pensionierten Kulturdezernenten Hans-Georg Lohe kontaktierte, brachte den Stein ins Rollen.
Lohe holte sich einen finanziellen Beistand bei der Bezirksvertretung 8. Die hielt im Frühjahr 2020 30.000 Euro aus dem bezirklichen Bauunterhaltungs-Etat für die Ateliers bereit. Lohe kratzte 22.000 Euro zusammen. Zwei Jahre dauerten die zähen Verhandlungen. Den Neuen in diesem Künstlerverein gelang es sogar, Mietverträge für immerhin 15 Jahre auszuhandeln. Nun endlich sind Böden und Decken perfekt, und 15 Neuankömmlinge krempeln ihre Ärmel hoch. Unter ihnen befindet sich das Duo Hedda Schattanik & Roman Szczesny, welches den Förderpreis der Stadt Düsseldorf, ein Stipendium über Julia Stoschek und unzählige weitere Medienpreise, Stipendien und Ausstellungen erhalten hat. Der japanische Doig-Schüler Satoshi Kojima, ein genialer Maler, hatte nach seiner Kündigung des Ateliers an der Mintropstraße schon die Koffer gepackt, um nach Berlin zu ziehen. Sein Landsmann Ryo Kinoshita, Meisterschüler von Tomma Abts, der erst jüngst in Amsterdam ausstellte, versetzt die Betrachter mit seiner Reliefmalerei in Erstaunen. Er war in der Flurstraße heimatlos geworden. Und nun kann sich Düsseldorf glücklich schätzen, dass er geblieben ist.
Künstler in Düsseldorf zu halten, ist eine wichtige Aufgabe. Rechnet man die ältere Generation hinzu, sind es sogar insgesamt 19 kreative Köpfe. Der Bildhauer Alexander Föllenz, Meisterschüler von Andreas Gursky, übernahm den Vorsitz des Vereins, denn die Mieter verwalten sich selbst. Er ließ nicht locker, bis die insgesamt 1500 Quadratmeter Atelierfläche für Alt- und Neumieter unter Dach und Fach waren. Föllenz hat seine monumentale „Venus von Olympia", eine Kreuzung aus dem Kopf der Venus von Milo und dem Körper einer anatomisch überspitzten Bodybuilderin, im Keller verstaut. Im ersten Stockwerk steht sein 3D-Drucker, mit dem er etwa einem modernen Sebastian zu Leibe gerückt ist. Föllenz ist der einzige in der Runde, der sogar ein eigenes Büro hat, um sein Equipment und sein großes Archiv an Bildmaterial zu verstauen.
Der Vereinsvorsitzende Föllenz hat viel gelernt bei der Vermietung, und die Erfahrungen gibt er gern an junge Künstler weiter, die wie er nach einem Atelier suchen: „Wartet nicht, bis die Stadt eine Bleibe für Euch findet, denn dann könnt ihr lange warten. Geht selbst auf Suche. Wenn ihr alles perfekt bis auf das Geld für die Sanierung habt, denn geht zur Stadt und zu den Bezirksvertretungen und bittet um Hilfe."
In den kommenden Wochen wird Einweihung gefeiert. Dann werden all die Mitstreiter eingeladen, die beim Zustandekommen der Ateliers geholfen haben. Neben dem pensionierten Kulturdezernenten Hans-Georg Lohe hat auch seine Nachfolgerin Miriam Koch versprochen, vorbeizukommen.