Digitales Klassenzimmer „Die Lösungen sind zu hundert Prozent da“

Serie | Düsseldorf · Das sogenannte digitale Klassenzimmer ist derzeit in aller Munde. Doch was ist das überhaupt? Was bedeutet es, Bildung zu digitalisieren? Wie sehen Konzepte dafür konkret aus? Was alles möglich und nötig ist, erklären drei IT-Unternehmer.

 Schülerinnen und Schüler nehmen am Unterricht mit Hilfe von Laptops und Tablets teil.

Schülerinnen und Schüler nehmen am Unterricht mit Hilfe von Laptops und Tablets teil.

Foto: dpa/Marijan Murat

Über die Versäumnisse der Politik in Hinblick auf die Digitalisierung der Bildung wurde hinreichend diskutiert. In der Corona-Krise hat sich gezeigt, dass sie dringend notwendig, kein Kann sondern ein Muss ist. Nur mit Mühe und Not konnte sich der Großteil von Deutschlands Schulen während des ersten Lockdowns vor einem Bildungsnotstand bewahren, vielerorts hat die Pandemie erhebliche Lernrückstände bei Schülern und Schülerinnen zur Folge. Das alles hätte vielleicht verhindert werden können. Doch bei funktionierenden digitalen Lösungen heißt es bei vielen Schulen: Fehlanzeige. Was braucht es für ein funktionierendes digitales Klassenzimmer? Aber was braucht es für ein funktionierendes digitales Klassenzimmer?

Das Problem an etlichen Schulen ist bereits funktionierendes Internet. „Der erste Schritt ist immer die Prüfung der Infrastruktur“, sagt Thomas Jordans, Geschäftsführer der AixConcept, einem IT-Unternehmen mit Sitz in Stolberg, das bereits seit mehr als 18 Jahren auf das Thema Digitalisierung von Schulen, insbesondere auf die Herstellung von Software-Lösungen für den digitalen Schulbetrieb, spezialisiert hat. „Das digitale Klassenzimmer ist ein größeres Bild, es fängt aber ganz unten an. Bevor man überhaupt im tatsächlichen Klassenzimmer ankommt, muss eine ganze Menge vorher passiert sein“, so der IT-Experte. Da gehe es um die Grundlagen, damit digitales Arbeiten an einer Schule überhaupt möglich sei, dazu zähle die Wlan-Ausleuchtung, Access-Points für Wlan und Internetleitungen, die gelegt werden müssen.

 Die MNSpro Cloud ist eine Lern-Management-Plattform von AixConcept.

Die MNSpro Cloud ist eine Lern-Management-Plattform von AixConcept.

Foto: AixConcept

Erst wenn diese Infrastruktur vorhanden sei, könne man über die Beschaffung der Endgeräte sprechen. Und da müsse sich die jeweilige Schule genau überlegen, welche Geräte sie für ihr pädagogisches Konzept brauche. „Fragen sind dann unter anderem: Whiteboards ja oder nein, Tablets oder Laptops, für jeden Schüler ein eigenes Gerät auch für zuhause oder lieber nur Leihgeräte für den Unterricht in der Schule“, sagt Georg Achterling von zuständig für den Bereich Forschung und Lehre beim IT-Unternehmen Cancom. Die Firma kümmert sich bereits seit mehr als 20 Jahren um digitale Lösungen für Schulen, Universitäten und Forschungseinrichtungen. „Das digitale Klassenzimmer gibt es in mehreren Versionen.“ Momentan sei aber die eins-zu-eins-Lösung etwas populärer, das heißt, ein eigenes Gerät pro Schüler.

Als nächsten Schritt brauche es eine Lern-Management-Plattform, mithilfe derer Lehrer den digitalen Fernunterricht gestalten können. Darunter fallen unter anderem Videokonferenzen, das Verteilen von Aufgaben, das Anlegen von Klassenverbänden: „All das, was im digitalen Unterricht möglich ist, läuft über diese E-Learning-Plattform“, sagt Achterling. Für die Management-Systeme setzen die meisten Unternehmen auf Cloud-Lösungen. Das heißt, unterrichtsrelevante Daten der Schüler und Lehrer werden in einen großen Online-Speicher gespeist, der einen orts- und geräteunabhängigen Zugriff ermöglicht. Auch die Kollaboration zwischen Lehrern und Schülern sowie den Eltern ist auf diese Weise gewährleistet.

Einer der wichtigsten Bausteine für die Digitalisierung der Bildung an einer Schule ist zudem die Fort- und Weiterbildung der Lehrkräfte. „Damit das Ganze überhaupt genutzt wird“, sagt Thomas Jordans. Das ist auch die Komponente an dem Prozess der Digitalisierung, die einfach dauert. „Wir haben die Erfahrung gemacht, dass die meisten Lehrkräfte digital arbeiten wollen, aber wenn sie dann Pädagogen haben, die Probleme damit haben, eine E-mail zu schreiben, ist es mit einer Schulung eben nicht getan“, sagt Jordans. Es brauche zudem einen vollkommen anderen pädagogischen Ansatz, das Digitale mit der Bildung zu verknüpfen und so zu ermöglichen.

„Die langfristigen Ziele sind eine maximale Flexibilität bei Unterrichtsort und die technische Versiertheit von Schülern und Schülerinnen“, sagt Markus Brandmann von der Gesellschaft für digitale Bildung. Der Unterricht wird längerfristig vollkommen anders gestaltet. Neben dem Wissen, wie technische Geräte funktionieren, müssen Schüler auch Medienkompetenz beherrschen. „Spätestens wenn es in den Beruf geht, um die Bewerbung, dann werden sie dort sonst definitiv durchs Raster fallen“, sagt Brandmann. Wenn der Markt die Digitalisierung fordere, dann fordere er sie – und die Schüler müssen darauf vorbereitet sein.

Immerhin, es gibt Hoffnung und es ist noch nicht zu spät. Eine Schule zu digitalisieren dauere durchaus einige Monate, mit allem was dazu gehöre. „Und es gibt Lösungen, sie sind 100 Prozent da“, sagt Georg Achterling.

Viele IT-Unternehmen wie die AixConcept, bieten das Komplettpaket an, vom Ausbau der Infrastruktur über Software- und Cloud-Lösungen für den digitalen Schulbetrieb, Hardware, Schulungen für Lehrkräfte und auch die weitere technische Begleitung der Schule. „Aber wir werden von der Politik in keiner Weise gehört“, sagt Thomas Jordans. „Obwohl gerade im Lockdown bewiesen wurde, das klappt, was wir machen.“ Das Land versuche es lieber alleine, entwickle aber Managament-Systeme wie Logineo, die jedoch nicht funktionieren würden. „Die Schulen mit unseren Systemen machen teilweise Unterricht nach Stundenplan, von zuhause aus.“

Doch durch Corona hat ein Umdenken in der Gesellschaft stattgefunden – die Politik wird folgen müssen. „Ich denke, Corona hat ganz klar gezeigt, dass in den letzten Jahren sehr viel verschlafen wurde. Diese Erfahrung und der eingeschlagene Weg werden in der nahen Zukunft nicht einfach verpuffen“, sagt Markus Brandmann. „Wenn Corona einen positiven Effekt hat, dann ist es der, dass sowohl der Politik als auch der Bevölkerung klar geworden ist, dass unser aktuelles Schulsystem für die Zukunft nicht gut aufgestellt war bzw. ist und nun endlich gehandelt wird.“

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