Berlin Die Welt schaut auf die Berlinale

Berlin · Heute startet die Berlinale, eines der drei wichtigsten Filmfestivals der Welt. Die Konkurrenz ist den deutschen Festspielen dicht auf den Fersen. Deshalb gilt es für ihren Leiter Dieter Kosslick und sein Team, den Ruf als erste Adresse für das politische Weltkino zu behalten und zu festigen.

Das ist das Schöne an der Berlinale: Sie ist ein Publikumsfestival. Die Kinos rund um die Festspielzentrale am Potsdamer Platz werden bis zum 20. Februar nicht nur von Kritikern, Produzenten, Einkäufern und Händlern bevölkert, sondern auch von Fans und Cineasten. 300 000 Karten gehen in diesem Jahr an das Publikum, das ist beim wichtigsten Filmfest der Welt in Cannes nicht so. Dort bleibt die Fachwelt unter sich. Die Berlinale gehört zu den drei großen Festivals der Welt, den so genannten A-Festivals, wobei der Abstand zu Cannes künstlerisch und wirtschaftlich immens ist, und auch Venedig liegt in diesen Punkten leicht vor der deutschen Hauptstadt – auch wenn man das im Büro von Dieter Kosslick anders sieht. Hollywood-Stars kommen lieber im Sonnenschein zum Lido als bei Schneetreiben ins Sony-Center.

In Berlin sitzt Isabella Rossellini der Jury vor, oberster Richter in Cannes ist im kommenden Sommer Robert De Niro. Zudem haben Locarno, San Sebastian und Sundance zuletzt den Abstand zur Berlinale verkürzt. Was ein A-Festival ausmacht und wie man es definiert, darüber entscheidet der internationale Filmproduzentenverband FIAPF. Die größte Rolle spielt der Wettbewerb, die Königsdisziplin eines Festivals, möglichst viele internationale Premieren sind notwendig, um den Status "A" zu halten. Die Berlinale versuchte sich dem wachsenden Konkurrenzdruck in den vergangenen Jahren durch eine betont politische Ausrichtung zu entziehen. Die Wettbewerbssieger werden zumeist heiß diskutiert – wie das peruanische Vergewaltigungsdrama "Eine Perle Ewigkeit" (2009). Dennoch schaffen es nicht alle Gewinner des Goldenen Bären, einen deutschen Verleih zu finden, "Esmas Geheimnis" (2006) lief schließlich bei Arte im Spätprogramm. Der letzte Berlinale-Sieger, der im Kino triumphierte, war 2004 "Gegen die Wand" von Fatih Akin.

Dennoch: Die Berlinale hat Charme, sie hat dem deutschen Film zu größerem Gewicht verholfen, und sie wächst weiter. Bei 19,5 Millionen Euro liegt 2011 der Etat, vor zehn Jahren waren es noch fast neun Millionen weniger. Der Bund steuert 6,5 Millionen bei, den Rest erwirtschaftet die Berlinale aus Ticketverkäufen, Sponsoring und anderen Einnahmen. Man darf nicht vergessen: Zuerst ist ein Filmfestival eine Messe, zur Berlinale kommen rund 20 000 Fachbesucher, um Geld zu verdienen, und die härteste Währung ist Aufmerksamkeit.

Der Marktwert eines Films kann durch Teilnahmen an Wettbewerb oder anderen Sektionen gesteigert, die Öffentlichkeit muss mit immer neuen Ereignissen und Highlights angefüttert werden. Also geht Dieter Kosslick klappern, erfindet Plattformen wie "Kulinarisches Kino" und "Talent Campus". Wenn es gut läuft, steigert er damit auch 2011 die Lust aufs Kino.

Info Mehr zu den Filmen im Wettbewerb unter www.rp-online.de/kultur

(RP)
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