Köln Die Toten Hosen flirten mit Köln

Köln · Campino und seine Band gaben ein grandioses Konzert im Kölner Stadion.

Es ist das, was Fußballfans einen Elfmeter ohne Torwart nennen. Eine Düsseldorfer Band spielt in Köln. Sie feixt, sie macht Witze, sie spricht von Worringen, sie hält Fortuna-Schals hoch, sie singt Viva Fortuna. Und doch ist dieser Abend im Kölner Stadion eine große Verbrüderung in Rot-Weiß, den Farben beider Fußballvereine. Campino, dieser ewig charismatische, trotz seiner 50 Jahre immer noch junge Frontmann der Toten Hosen, ist ehrlich gerührt von der Liebe, die ihm die Menschen in der für Düsseldorfer vermeintlich verbotenen Stadt entgegenbringen.

Wer sind die wahren Gegner? Die Bayern! Spießer! Irgendwelche Bedenkenträger, die etwas dagegen haben, dass sich mehrere zehntausend Menschen an "Zehn kleinen Jägermeistern" erfreuen, an einer kleinen Horrorshow, an einer Hommage an den Punk, auch wenn es den im Deutschland des Jahres 2013 nicht mehr wirklich gibt.

Es vibriert im Kölner Stadion, Campino ist aufgekratzt, er bedankt sich ständig, er wirkt überwältigt, und es liegt tatsächlich ein besonderer Geist in der Luft, ein "Ihr könnt uns mal, wir haben Spaß"-Geist. Rot-weiße Konfettis fliegen, die Menschen singen beseelt mit, fordern begeistert drei Zugaben.

Nach 30 Jahren Bandgeschichte ist jedes Lied ein Klassiker, "Wünsch Dir was", "Alles aus Liebe", "Hier kommt Alex", und, natürlich, die noch junge, aber längst etablierte Feier-das-Leben-Hymne "Tage wie diese". Dazu kommt eine direkte Verbindung zum Publikum, ein klarer Blick in die ersten Reihen. Als jemand umfällt, bricht die Band sofort ab, Campino erkundigt sich, wie es dem Menschen geht, er sagt, alle sollen aufeinander aufpassen. Vor 16 Jahren, 1997, ist beim 1000. Konzert der Band im Rheinstadion ein Mädchen gestorben. Das Trauma ist spürbar, Campino sagt an diesem Abend noch mehrfach, dass alle rücksichtsvoll sein sollen. Der Fan in der ersten Reihe hatte nur seine Zahnspange verloren, halb so wild, alles gut.

Überhaupt war an diesem Abend alles gut, eine rheinische Party in vertrauter Hassliebe, ein "Wir gegen den Rest". Es gibt nicht viele Bands in Deutschland, die dieses Gefühl herstellen können, ein Bollwerk gegen die Nervigkeiten des Alltags, und wenn es nur für zwei Stunden ist. Die Toten Hosen können es. Viva Fortuna.

(RP)
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