Regensburg Die Ökumene lebt - dank Luther

Auch die Päpstin ist nach Regensburg gekommen - eine Art Gegenpäpstin des Katholikentages. Denn beliebt scheint Margot Käßmann zeit ihres Lebens zu sein und auch zu bleiben. Der Personenkult um die 55-jährige Protestantin ähnelt zumindest in Deutschland dem eines Papstes, doch als sie auf dem Regensburger Ökumene-Podium als das immer noch bekannteste Gesicht der evangelischen Kirche angekündigt wird, schaut sie ein bisschen ungläubig. Auch diese Geste der Bescheidenheit wird ihr von den Fans beider Konfessionen dankbar abgenommen. Die ehemalige Bischöfin und jetzige Botschafterin für das Reformationsjubiläum hat eine schwierige Aufgabe: Sie soll auf einem Podium des Katholikentags begründen, warum Katholiken das 2017 anstehende Jubiläum - 500 Jahre Reformation - nicht nur begehen und gedenken, sondern auch feiern sollen.

Käßmann beginnt mit Selbstkritik und mit einem Luther-Film von 1917, der damals zur 400-Jahr-Feier gedreht wurde und einen Luther als deutschtümelnden Nationalhelden präsentierte. Dieser Luther ist noch ganz und gar ein Vertreter der Spaltung. Das 21. Jahrhundert aber hat die christlichen Kirchen in der Auseinandersetzung mit einer säkularen Gesellschaft und den Erfahrungen einer katastrophalen Staatsnähe neue Aufgaben gestellt. Gleichwohl, die Kirchentrennung will 2017 niemand feiern, dafür aber anderes. Nach Käßmanns Worten könnte das die Wiederentdeckung des Evangeliums durch die Reformation sein, die Bildung und die Volkssprache im Gottesdienst. Dass vieles seit langem auch in der katholischen Kirche gilt, zeige, wie stark beide Konfessionen von der Reformation profitiert hätten. Die Geschichte beider Kirchen bleibt im guten Sinne eine Lerngeschichte, so Käßmann. So habe die Reformation die Kirchen verändert, und sie sei weder die einzige Reform noch werde sie die letzte bleiben. Eine Art Pilgerweg könnte es werden - und das Luther-Jubiläum ist eine Station.

(RP)
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