Dokumentarfilm "Klitschko" Die Geschichte der Klitschko-Brüder

Die Familie Klitschko ist oft umgezogen, der Vater war Offizier in der Armee. Als die Sache mit Tschernobyl passierte, musste er beim Aufräumen helfen und hat sich den Krebs geholt, der später in Deutschland behandelt wurde. Der Sohn und Schwergewichtsboxweltmeister Vitali erzählt diese Geschichte im Rückblick, erzählt sie sogar in jener verrottenden Militärbehausung, in der die Familie damals lebte. Da drüben wurden die verstrahlten Einsatzfahrzeuge gewaschen, sagt der große Vitali, als Kind habe er in den Pfützen Papierschiffchen fahren lassen. Später wurde er Kickboxer, hatte Vorbilder wie Chuck Norris, Bruce Lee oder Schwarzenegger, durfte mit seiner Mannschaft sogar in die USA reisen, wo ihm die Augen übergingen. So viele Dinge gab es da zu kaufen! Vitali wirkt immer noch begeistert.

In der ersten Hälfte dieses Dokumentarfilms von Sebastian Dehnhardt wird nicht nur erzählt, wie die Klitschko-Brüder zu jenen veritablen Goschverhauern wurden, die schon lange die Schwergewichtsszene beherrschen, sondern auch — und mit manchmal gespenstischen Bildern! — wie das Sowjetreich in die Brüche ging. Der große Rest ist nur noch interessant für Boxfans.

Da inszeniert der Regisseur eine unkritische Helden- und Erfolgsgeschichte, eine mit Rockmusik unterlegte Feier des Boxens. Man erfährt zwar etwas über die kämpferischen Qualitäten der Klitschkos, Vitali ist der psychisch stärkere, der jüngere Wladimir der talentiertere, man erhält auch tiefe Einblicke in einen Cut überm Auge, in den unglaublich viel Watte hineinpasst. Aber Einblicke ins Boxgeschäft erhält man kaum.

Wie ist es bei uns zum Boom dieser Sportart gekommen, die schon mal erledigt schien? Warum sind ausgerechnet die ukrainischen Klitschko-Brüder von den deutschen Fans quasi adoptiert worden?

Nein, nichts davon. Stattdessen Klitschko-Reklame mit Trainingscampszenen oder glamourös präsentierten Ringschlachten. Dass der Film, etwa bei Interviews, seine Personen nicht mal vorstellt, bedeutet auch: Dies ist für Insider! Wenn man "Klitschko" aber als Werbefilm akzeptiert, kann man auf seine Kosten kommen. Etwa bei lustigen Szenen mit Don King oder bei einem Satz von Vitali, der seinen Trainer lobt: "Der Fritz kennt meinen Körper besser als meine Frau!" ll

(RP)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort