Düsseldorf Die erfolgreiche Gaby Hauptmann

Düsseldorf · Sieben Millionen Taschenbücher hat Gaby Hauptmann bereits verkauft. Damit zählt sie zu den erfolgreichsten deutschen Schriftstellerinnen. Bei der 55-Jährigen erlebt man keine Überraschungen: Immer geht es um die Liebe, um Männer, um Trennung, neues Glück – und jede Menge Klischees.

Auf die Palme kann man Gaby Hauptmann damit nicht bringen – mit dem Vorwurf, sie schreibe "federleichte Sommerlektüre", oder mit dem Etikett, sie sei eine "Königin im Bestsellerland". Solche Urteile, die hierzulande eine Art literarischer Todesstoß sind, prallen an der 55-Jährigen ab. Was daran eigentlich schlimm sei, will sie wissen, immerhin würden mit ihrem Erfolg im Verlag auch Bücher finanziert, die es sonst nicht gäbe. "Nischen-Literatur" nennt sie solche Werke ganz ohne Häme.

Gaby Hauptmann hat sieben Millionen Taschenbücher verkauft mit Titeln, die immer irgendwie gleich klingen. Meist mit "Liebe", häufiger noch mit "Männern": "Suche impotenten Mann fürs Leben" war ihr Durchbruch 1995, sie schrieb über "Fünf-Sterne-Kerle inklusive", "Eine Handvoll Männlichkeit" und "Ran an den Mann". Ihr neuer Roman heißt "Liebesnöter" und ist natürlich wieder der Spitzentitel im Piper-Verlag. Warum auch nicht, schließlich sind auch der Grundton und das zentrale Motiv dieselben geblieben. Es geht um die Frau um Anfang fünfzig, die den Mut aufbringt, etwas Neues zu wagen und zu denken beginnt: "Was soll schon schiefgehen, ich mach das jetzt einfach." Wenn Gaby Hauptmann das sagt, weiß man, dass die Lebenseinstellung der Romanheldin vor allem ihre eigene ist. Auch sie hat sich in diesem Alter von ihrem Partner getrennt, und dass ihr neuer Lebensgefährte Franco de Casciaro heißt und 55 Jahre zählt, ist auch kein Geheimnis mehr, sondern ergiebiger Stoff für eine Homestory in einer Illustrierten. Wie schwer solch ein Anfang ist? "Einmal tief Luft holen." Das sagt sie so fröhlich, dass man es ihr auf Anhieb glaubt.

Auch im neuen Roman gibt es einen Aufbruch. Diesmal den von Ella, die einen Künstler sucht, dabei in Schweden landet und schließlich in den Armen von Roger. Der ist natürlich Franzose – charmant und galant also bis über beide Ohren –, so dass Ben daheim nur verlieren kann. Am Schluss zieht Ella fröhlich und umstandslos mit Roger nach Paris, ins neue Glücks- und Liebesnest. Natürlich trieft die Geschichte vor Klischees, die nach dem anfangs so mutigen und emanzipiert wirkenden Aufbruch dann doch ein fragwürdiges Frauenbild transportieren. Warum, will Gaby Hauptmann da wissen. Und bevor man etwas ausholen und seine Vorbehalte nennen kann, überrumpelt einen die Autorin mit ihren eigenen Weisheiten: "Wenn man sich verliebt, ordnet man sich gerne unter. Aber das heißt doch nicht, dass eine Frau dadurch schon ihre Selbständigkeit verliert!"

Gaby Hauptmann meint das so, und wenn sie das sagt, wirkt sie sehr echt. In einem dieser Fragebögen für Prominente wurde sie nach ihrem Helden befragt. Während andere zur Beantwortung ein Lexikon der griechischen Mythologie nach guten Kandidaten durchforsten, schreibt Hauptmann: "Pierre Brice, weil er schön und schlau war – und ein wunderschönes Pferd hatte."

Der Bucherfolg der gelernten Reisejournalistin dürfte vor allem in Lust auf Unterhaltung und der Sehnsucht nach bewegter, aber letztlich stets heiler Welt begründet sein. Gaby Hauptmann lässt mit ihren Heldinnen viel Positives verkünden: Aufbrüche lohnen sich, Abenteuer sind das Leben, und die Liebe wartet überall. Ihre Geschichten sind Manifeste des Glücks und der Zufriedenheit, des Selbstbewusstseins und der Selbstbestimmung. Weil dagegen trotz der Klischees nichts einzuwenden ist, sind die Erfolge ihrer Bücher auch nicht allein ein deutsches Phänomen: In 35 Sprachen wurden ihre Geschichten schon übersetzt.

Ein aufmerksamer Leser aber fand, dass ihre Romane gar nicht gut lektoriert seien. Also bat er darum, ihr nächstes Manuskript selbst zu bearbeiten. Es war ihr Nachbar, er heißt Martin Walser. Und weil der Schriftsteller Walser ein sparsamer Mensch ist, hat er auf der Rückseite der vielen Blätter einen eigenen Roman geschrieben. Seitdem existiert ein beidseitiges Manuskript-Paket: mit einem Roman von Gaby Hauptmann auf der einen Seite, mit einem Roman von Martin Walser auf der anderen. Na und? In einer Talk-Show wurde Gaby Hauptmann einmal nach ihren Literaturpreisen befragt. "Sie braucht keine", schaltete sich der neben ihr sitzende Lyriker ein, "denn sie hat Leser."

(RP)
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