Düsseldorf Die eine geht, der andere kommt an

Düsseldorf · Die Chefin der Kunstsammlung NRW und der Intendant des Düsseldorfer Schauspiels im Gespräch.

Zu einem letzten Kunstabend vor ihrem Wechsel nach Dresden hatte Marion Ackermann, Direktorin der Kunstsammlung NRW in Düsseldorf, den Intendanten des dortigen Schauspielhauses eingeladen. "Wilfried Schulz und ich dachten ursprünglich, wir könnten in Düsseldorf gemeinsam etwas entwickeln", begann sie das Gespräch im gut gefüllten Auditorium. Aber: "Es kam anders, wir haben die Städte getauscht." Denn Schulz war vor seinem Wechsel nach Düsseldorf in Dresden tätig. Ackermann wird dort ab 1. November als Generaldirektorin der Staatlichen Kunstsammlungen wirken.

Das Thema des Abends galt darum beiden Orten: "Düsseldorf-Dresden. Pläne, Perspektiven, Eindrücke". Ackermann wollte wissen, wie Schulz sich der neuen Stadt genähert habe. "Wie ein Ethnologe", antwortete er, "liebevoll, aber kritisch. Auch als Dramaturg muss ich tief in Strukturen eindringen." Ihm sei es wichtig, das Theater in den Kontext der jeweiligen Stadt und ihrer Menschen zu setzen: "Theater soll sich kritisierbar und angreifbar machen, es muss Zeichen setzen, um kenntlich zu werden", sagte Wilfried Schulz. "Wenn sich das Gefühl einstellt, man gehöre dazu, sollte man weiterziehen, weil die Reibung zu fehlen beginnt."

Der Kontrast zu seiner früheren Wirkungsstätte Dresden sei riesengroß, bestätigte der Intendant. "Dresden ist ostost, Düsseldorf westwest, eine Stadt, die es sich leichter macht mit sich selbst. Dresden hat durch die DDR-Prägung ein verkrampftes Selbstbewusstsein." Es fehle dort das Bürgertum in der Mitte der Gesellschaft, das offen für Werte wie Toleranz und Empathie einstehe. "Auch die Politik vertritt diese Werte nicht", sagte er. "Deshalb haben Kunst und Kultur in Dresden eine Art Stellvertreterfunktion übernommen. Das war an unserem Spielplan abzulesen." In Düsseldorf gäbe es diese krasse Markierung nicht, aber auch hier werde er Themen aufgreifen, die mit der Stadt zu tun haben, "dieser unendlich reichen Stadt, in der die Menschen sich anders kleiden und bewegen". Die neu gegründete Bürgerbühne sei dafür ein wichtiges Forum, wie ein Pfeil, der nach außen schießt.

Wilfried Schulz würde gern die bildende Kunst und das Theater enger vernetzen. Sein vorerst dringlichstes Anliegen aber spiegele sich ironisch im neuen Logo "D'haus", ließ er wissen: "Wir wünschen uns nichts sehnlicher als ein Haus. Wie soll man eine Identität finden, wenn kein Ort dafür da ist?" Derzeit wird das Schauspielhaus saniert, das Ensemble muss in Ausweichstätten spielen.

Bei seinen Sorgen um die Zukunft des Theaters wurde Schulz sehr ernst: "Die Stadt muss sich überlegen, ob sie das Gebäude bis zum 50. Geburtstag 2020 in einen würdigen Zustand versetzt. Es gibt keinen Investitionsetat. Die Außenhülle rostet, fällt ab, ist verbogen. So ein Haus muss doch gepflegt werden." Die Lage sei dramatisch und werde immer komplizierter. "Ich sehe mich schon als Interimsintendant, das sage ich ohne Zynismus, aber mit leichter Trauer. Ich bin geduldig, habe einen langen Atem und laufe nicht weg - solange ich ein Licht am Ende des Tunnels entdecken kann." Noch in diesem Herbst werde er eine öffentliche Debatte dazu anregen, kündigte Schulz an.

(RP)
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