Filmmusik Filmmusik ohne Bilder

Düsseldorf · Der 21-jährige Düsseldorfer Student Leon Maximilian Brückner konnte eigene Kompositionen mit dem WDR-Orchester einspielen. Am 14. und 21. August erscheinen seine erstaunlichen Stücke auf den Musik-Streamingplattformen.

 Leon Maximilian Brückner mit den Musikern des WDR-Rundfunkorchesters, die seine Kompositionen einspielten.

Leon Maximilian Brückner mit den Musikern des WDR-Rundfunkorchesters, die seine Kompositionen einspielten.

Foto: WDR

Manche Biographien verlaufen erstaunlich gradlinig: Man ist neun Jahre als, schaut einen Film und ist fasziniert von der Art, wie dort Musik eingesetzt wird. Mit 21 Jahren findet man sich in einem Studio mit dem über 50-köpfigen Funkhausorchester des WDR wieder, hört und sieht zu, wie der große Klangkörper die eigene Filmmusik einspielt. Leon Maximilian Brückner, der Musik und Medien an der Robert Schumann Hochschule Düsseldorf studiert, ist es so ergangen. Am 14. und 21. August erscheinen seine erstaunlichen Kompositionen auf den Musik-Streamingplattformen. Dass er so schnell so weit gekommen ist, hat er auch besonderen Möglichkeiten am Gymnasium seiner Heimatstadt Oerlinghausen zu verdanken.

„Es war der Film ‚Klang des Herzens‘, der mich inspiriert hat, selber Filmmusik zu machen“, erinnert sich Leon Maximilian Brückner. „Da gibt es eine interessante Verbindung aus Musik, die direkt in den Bildern produziert wird, und einem Score, der im Hintergrund läuft.“ Schon als Kind ist er mit solch analytischen Gedanken an ein Filmerlebnis gegangen – und hatte kurz vorher überhaupt erst angefangen, ein Instrument zu spielen: „Ich habe Posaune gelernt und bin zur Big Band in unserer Schule gestoßen“, erzählt er. „Später kamen Klavier und Gitarre dazu.“

Interessant daran ist, dass er relativ spät zur Musik kam – und nicht wie viele andere Filmkomponisten von der Klassik her denkt. „Ich habe mich eher mit Jazz und Pop beschäftigt, habe mich schon früh gefragt: Warum klingen Songs oft ähnlich? Und dann habe ich mich daran gemacht, ihre Strukturen zu verstehen.“ In rasender Eile hat Leon Maximilian Brückner sich auch theoretisches Wissen angeeignet und sich selbst Harmonielehre beigebracht. Bald schrieb er erste simple Kompositionen für Big Band und bekam die Möglichkeit, sie mit ihr einzustudieren. „Das war ein großes Glück“, sagt er heute, „denn die Stücke waren nicht richtig gut, aber mein Lehrer hat das Potential erkannt und mich machen lassen.“

Dass er jetzt mit 21 Jahren die Möglichkeit hatte, mit dem WDR-Funkhausorchester zu arbeiten, hat mit einem Wettbewerb zu tun: 2019 nahm er mit Komponisten aus aller Welt an der European Talent Competition der Filmmusikmesse Soundtrack Cologne teil und gewann prompt den WDR Filmscore Award. Der beinhaltete die Aufnahmen mit großem Orchester. Eine große Herausforderung. „Ich musste mich mit neuen Bedingungen vertraut machen“, erzählt er, „und habe der klassischen Orchesterbesetzung noch ein Instrument hinzugefügt: Die Celesta für den Harry-Potter-Effekt. Dass seine beiden zwischen fünf und sieben Minuten langen Kompositionen unabhängig voneinander veröffentlicht werden, liegt daran, dass sie für sich stehen sollen: Ich will mit diesen Fantasien Bilder und Geschichten mit Musik erzeugen“, sagt Brückner. „Ich benutze filmmusikalische Techniken, aber nutze auch die große Freiheit, weil ich ja an kein konkretes Drehbuch gebunden bin.“ Die Ergebnisse lassen in ihrer Balance aus wuchtigen, fast brachialen und zarten, lieblichen Passagen tatsächlich an berühmte Filmthemen von Hans Zimmer („Fluch der Karibik“) oder John Williams („Star Wars“) denken.

John Williams ist ein Vorbild für den jungen Studenten. „Ich höre aber vor allem gern die Orchestersuite ‚Die Planeten‘ von Gustav Holst, die John Williams zu seiner Star-Wars-Musik inspiriert hat“, sagt er und lässt wieder seinen analytischen Verstand aufblitzen, der ihn hinter die Dinge schauen lässt. Er will verstehen, wie Komponisten arbeiten, wovon sie beeinflusst wurden, wie man bestimmte Stimmungen durch Instrumenteneinsätze oder Intervallstrukturen erzeugen kann, wie man mit Klischees spielen kann. Ein anderes großes Vorbild ist ihm Alexandre Desplat, der für seine Musik für die Filme „Grand Budapest Hotel“ und „Shape of Water“ den Oscar gewann.

 Leon Maximilian Brückner im Tonstudie des WDR

Leon Maximilian Brückner im Tonstudie des WDR

Foto: WDR

Wenn Leon Maximilian Brückner seinen Bachelor in Düsseldorf abgeschlossen hat, will er den Filmmusik-Master in Babelsberg machen. Dabei hat er ein großes Ziel im Hinterkopf: „Ich will Musik für internationale Serien und Filme schreiben.“ Seine Chancen stehen nicht schlecht, weil dadurch, dass heute viel mehr Serien produziert werden als früher, auch mehr original Filmmusik gebraucht wird.

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