Düsseldorf Deep Purple: Mehr als "Smoke On The Water"

Düsseldorf · Jon Lord ist tot, er war Organist bei Deep Purple, und gestern fragten sie im Radio, was diese Band außer "Smoke On The Water", dem Song mit dem bekanntesten Gitarrenriff aller Zeiten, denn noch so gemacht habe. Das ist natürlich eine Frechheit, denn die Briten erfanden Psychedelic Rock und ebneten den Weg zum Heavy Metal. Jon Lord gehörte zu den Gründungsmitgliedern, er blieb bis 2002, seine Kollegen touren heute noch. Zwei Geschäftsleute hatten Lord 1967 beauftragt, eine Band zu gründen, mit der sich Geld verdienen ließ. Das Ziel wurde erreicht; die Gruppe, die man mit Led Zeppelin und Black Sabbath zur Heiligen Dreifaltigkeit des Hardrock zählt, soll 200 Millionen Alben verkauft haben.

In jeder großen Band gibt es zwei Konkurrenten um den Chefposten, bei Deep Purple waren es Jon Lord und Gitarrist Ritchie Blackmore. Zunächst gab Lord den Ton an, er stand für den Sound der frühen Deep Purple, und wer wissen will, wie der klang, höre sich "April" vom '69er-Album "Deep Purple" an: eine Zwölf-Minuten-Suite mit Orgel-Intro und Orchester-Mittelteil. Rod Evans sang damals, und wenn man das hört, ahnt man, wo sich Genesis in den frühen 70ern ihre Inspiration holten.

Blackmore indes wurde es allmählich zu bunt mit seinem Organisten, auch er hat ja ein Faible für Beethoven und Renaissance-Musik, aber für Deep Purple mochte er es lieber ruppig. Also führte er noch Lords "Concerto For Group & Orchestra" auf, dann änderte er den Stil der Band. Es wurde hart und dreckig. "Child In Time" von der Platte "Deep Purple In Rock" (1970) zeigt sehr schön, wie die beiden Egos miteinander kämpfen und daraus Funken schlagen. Im Mittelteil des Zehn-Minuten-Stück bekriegen sich Gitarre und Orgel. Lord schlägt mit äußerster Aggression auf die Tasten. Er schloss das Instrument an verschiedene Verstärker an, um diesen Sound zu erreichen – "das Biest rausholen", sagte er dazu. Lord versüßte nicht, er akzentuierte, zog die Kanten nach.

Allmählich setzte sich Blackmore vollends durch: Gitarren-Exzesse statt Ausflüge in die Klassik, und der endgültige Deep-Purple-Song in dieser klassischen Phase ist "Highway Star" vom Album "Machine Head" (1972). Empfohlen sei die längere Version vom Live-Album "Made In Japan": Ian Gillan singt, Blackmore säbelt das Unterholz weg, und Lord walzt mit der Orgel alles platt. "Highway Star" gilt als erster Speed-Metal-Song; Blackmores Auftritt in der Mitte wird regelmäßig unter die besten 20 Gitarren-Soli der Geschichte gewählt.

Lord konnte sowohl brachial wie leise: Nachdem er Deep Purple zur "lautesten Band der Welt" gemacht hatte, nahm er das an Bach angelehnte Album "Sarabande" auf. Und als Deep Purple nach langer Pause 1984 wieder zusammenkam, produzierte er eine der besten Comeback-LPs aller Zeiten: "Perfect Stranger". Jon Lord starb an den Folgen seiner Krebserkrankung. Er wurde 71 Jahre alt.

(RP)
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