Düsseldorf Das war einst der Sound der Zukunft

Düsseldorf · Die britische Band Jamiroquai melden sich nach sieben Jahren zurück.

Ein Synthesizer-Sound wabert durch Wiederholungsschleifen. So hat man sich vor 30 Jahren und mehr den Klang der Zukunft vorgestellt. Jetzt wabert er durch die ausverkaufte Mitsubishi-Electric-Halle zur Eröffnung des Konzerts von Jamiroquai - und irgendwie ist das beruhigend: Die britische Band hat auch 25 Jahre nach Veröffentlichung ihrer ersten Single nicht krampfhaft versucht, sich neu zu erfinden. Bevor Frontmann Jay Kay und Kollegen die mit Keyboards, einer Laptop-Station, Schlagzeug, Perkussion, Background-Sängerinnen-Tribüne und allerhand weiterem Instrumentarium voll gestellte Bühne betreten, läuft auf den Videowänden eine Zukunftsvision von anno dazumal in Röhrenfernseheroptik: Werden die Maschinen irgendwann die Menschheit auslöschen? Wie als Antwort auf diese Frage erscheint der als exzentrischer Hutträger bekannte Jay Kay mit einem elektronisch gesteuerten, stacheligen Leucht-Ding auf dem Kopf. Ein Igel aus dem Weltall? Einer jedenfalls, der sich schon ein wenig Winterspeck angefressen hat - ein Bäuchlein unter dem Jogginganzug, den der Sänger auf der Bühne trägt, ist unübersehbar. Das macht aber genauso wenig wie die grauen Haare oder die manchmal wenig enthusiastischen Minen der weiteren Bandmitglieder.

Nein, die coolsten Jungs des Universums sind Jamiroquai nicht unbedingt. Trotzdem ist das Konzert mit den Briten ein Riesenspaß, eine schweißtreibende Party, die den Sound der 1990er-Jahre feiert. Mit "Shake It On" vom neuen Album "Automaton" haben sie eine neue Variation ihrer ganz eigenen Version von Disco, Funk- und Soul-Pop geschaffen, die oft - warum auch immer - als Acid-Jazz beschrieben wird. In diesem Genre macht ihnen niemand etwas vor; allerdings spielt es auch kaum jemand mehr, der in den Charts eine Rolle spielt.

Das Titelstück von "Automaton" wirkt zwar etwas verkopft und niemand weiß so recht, wie er darauf tanzen soll. Spätestens bei Hits wie "Space Cowboy", "Alright" oder "Cosmic Girl" fällt es aber allen wieder ein. Erinnerungen werden wach an die großen Zeiten des Motown-Soul, an Jackson 5 oder Diana Ross. Erstaunlich, wie auch ein Song wie "Too Young To Die" funktioniert, der eigentlich ein ausgedehnter, fast ereignisloser Funk-Jam ist, aber immer wieder zum weltberühmten "Di-Di-Dip"-Refrain führt und alle weltvergessen schwofenden Menschen in die Gegenwart reißt.

Zwischendurch gibt sich der 47-jährige Jay Kay cool und lässig, erzählt, wie Jamiroquai einmal im Düsseldorfer Flughafentaxi mit den Toten Hosen verwechselt wurden, oder dass er jetzt langsam mal die Batterien wechseln müsse. Einen Gang runter schaltet er trotzdem nicht. Und auch sein Hut leuchtet und bewegt sich immer weiter. Gut so. Gut, dass die Band nach sieben langen Jahren wieder da ist und sich ganz für den Schluss ihren größten Hit aufgespart hat, der rückblickend prophetisch wirkt: In "Virtual Insanity" von 1996 heißt es: "Die Zukunft ist gemacht aus virtuellem Wahnsinn". Ja, nun.

(RP)
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