Neuer Spielplan des Schauspielhauses Das Theater – endlich wieder sichtbar
Düsseldorf · Das Schauspielhaus startet offiziell am 9. September in die Spielzeit 21/22. Das Programm aus Klassikern und modernen Stücken richtet sich an Zuschauer jeder Altersklasse.
Schauspielhaus-Intendant Wilfried Schulz und sein künstlerisches Leitungsteam haben den Spielplan für die Saison 21/22 vorgestellt. Aufgrund der Umstände später als üblich, aber verbunden mit der Hoffnung, „dass wir das Schlimmste hinter uns haben und so tun können, als wäre alles normal." Man wisse nicht genau, welchen Einfluss die noch nicht beendete Pandemie im Herbst auf das Theater habe und sei nicht leichtfertig, sagte Schulz. „Es war und ist eine komplizierte Zeit. Obwohl wir immer gearbeitet haben, gab es das Gefühl des Stillstands. Unser Gegenüber, das Publikum, war einfach nicht da. Es fehlte der Zweck des Theaters, etwas sichtbar und nachvollziehbar zu machen."
Kurz streifte der Intendant die Geschehnisse um die Rassismus-Vorwürfe des Schauspielers Ron Iyamu, die hohe Wellen schlugen. „Das Theater, und nicht nur unseres, ist in einer Phase der Selbstbefragung und Selbstkritik. Vieles wird überprüft und neu gedacht und bestimmt unsere Arbeit, auch wenn es nicht sofort seinen Niederschlag findet."
Die Open Air-Fläche auf dem Gustaf-Gründgens-Platz gab den Anlass für einen verfrühten Saisonbeginn. Das Junge Schauspiel führt dort ab 13. August das Mäuse-Musical „Der überaus starke Willibald" auf (ab 6 Jahre). Anfang September wird es eine neue Serie von „Rheingold" geben. Zudem wird der Platz anderen Kulturinstituten zur Verfügung gestellt.
Offiziell startet das Schauspielhaus am 9. September in die Spielzeit 21/22. Die Eröffnungs-Premiere im Großen Haus ist „Orpheus steigt herab" von Tennessee Williams. Schulz: „Ein selten gespieltes psychologisches Ensemblestück. Es erzählt von Enge, Miefigkeit und Begrenztheit in einer Kleinstadtgesellschaft, aber auch von der Sehnsucht nach Aufbruch und Veränderung." Am 23. September folgt „Reich des Todes" von Rainald Goetz, den Chefdramaturg Robert Koall als Chronisten der Geschichte Europas, der Welt und der USA beschreibt. Regie in dieser Ko-Produktion mit dem Schauspiel Köln führt Stefan Bachmann.
Das Kleine Haus beginnt am 15. September mit „Die Physiker" von Dürrenmatt. Ein Klassiker der Moderne über den Irrsinn in der Welt, dem einige scheinbar „Verrückte" durch Rückzug begegnen. In der Uraufführung „Reality Check ‒ eine Verschwörungssimulation" greift Felix Krakau mit einem theatralischen Rundgang im öffentlichen Raum eine andere Art von Irrsinn auf (26.9.).
Bis zur Generalprobe gelangten 2020 einige Stücke, die nun ihre Premiere erleben, etwa „Die Nibelungen.Kriemhilds Rache" von Friedrich Hebbel (1.10.,Großes Haus), „Kleiner Mann, was nun?" von Hans Fallada (8.10., Großes Haus) und „Die bitteren Tränen der Petra von Kant" von Rainer Werner Fassbinder (2.10., Kleines Haus). Mit William Shakespeares „Macbeth" (November), Lessings „Minna von Barnhelm" (Dezember) und Schillers „Maria Stuart" (Januar) stehen im Großen Haus drei Bühnen-Klassiker auf dem Programm. Mit seiner „Minna", so Koall, wolle Andreas Kriegenburg „eine gelungene Geschichte über die Bewältigung einer Krise und die Kraft der Liebe erzählen."
Bernadette Sonnenbichler wird künftig als feste Regisseurin in die Leitung des Hauses eingebunden sein. Zunächst zeigt sie „Annette", die preisgekrönte Heldinnengeschichte einer beeindruckenden alten Dame, verfasst in Stabreimen, die in ihrer antiken Anmutung der Dimension der Geschichte gerecht werden. Mit „Dorian", einer Uraufführung von Darryl Pinckney, kehrt Regisseur Robert Wilson im Juni 2022 nach Düsseldorf zurück. André Kaczmarczyk bekommt sein Solo mit „Orlando", Klassiker der Gender-Literatur von Virginia Woolf.
Ein bisschen zittere er noch beim Blick auf die Spielzeit, sagte Stefan Fischer-Fels, Leiter des Jungen Schauspiels: „Werden die Schulen im Herbst eher Schulstoff nachholen oder den kulturellen Wert der Bildung begreifen?" Mit „Bambi & die Themen" von Bonn Park (ab 14 J.) ist ihm ein Uraufführungs-Coup gelungen (11.9.). Bereits im Stream, nun vor Publikum: „Liebe Kitty" nach dem Romanentwurf von Anne Frank (7.10). Im März und Mai 2022 folgen „Das Leben macht mir keine Angst" (ab 6 J.) und „Am liebsten mag ich Monster" (ab 10 J.). Das Familienstück "A Christmans Carol" wird ab 26. November im Central am Hauptbahnhof gespielt.
Wilfried Schulz stellte die Verantwortlichen fürs neu gegründete „Stadt:Kollektiv" vor, Nachfolger der Bürgerbühne. Bassam Ghazi und Birgit Lengers werden zu Themen wie Klimawandel und Arbeit von Alter und Struktur ganz unterschiedliche Gruppen bilden und neue Formate entdecken. „Mich interessiert jede Art von Grenzüberschreitung", sagte Birgit Lengers. „Nach all den Brüchen und Verwerfungen der jüngsten Zeit fragen wir danach, was uns zusammenführt."