Düsseldorf Das Beste aus der Sammlung Rheingold

Düsseldorf · An vier Standorten feiert die bedeutende rheinische Sammlung ihren zehnten Geburtstag: Neben Themenausstellungen in Siegen, Köln und Mönchengladbach hat Gregor Jansen in der Düsseldorfer Kunsthalle eine spannungsreiche Übersicht aufgebaut – vom frühen Joseph Beuys bis zum aktuellen Neo Rauch.

Sie sind das Gegenteil von Selbstdarstellern, die mit ihren Schätzen protzen. Die sechs Gesellschafter wollen sich auch nicht als die Größten oder Vermögendsten inmitten des großen deutschen Sammlerkreises mit Namen wie Haubrock, Falckenberg, Flick, Schürmann, Goetz und neuerdings Boros hervortun. Doch sie wollen erlesen sein. Die Brüder Bernd, Eugen, Klaus und Michael Viehof aus Mönchengladbach sowie Hedda im Brahm-Droege und Helge Achenbach aus Düsseldorf haben vor zehn Jahren Rheingold gegründet, um Schlüsselwerke der zeitgenössischen Kunst unter bestimmten Aspekten zu archivieren und zu beleuchten.

Rheinische Bezüge stellen sie her, zur Düsseldorfer Kunstakademie und zu den im Umkreis ansässigen Künstlerstars. Noch weiter geht der Blick – zurück auf Joseph Beuys, was mit dem Erwerb von Teilen der Sammlung Reiner Speck aus Köln (2008) gelang. Und er ist nach vorne gerichtet, will malerische Kraft und Breite ausloten, zukunftsweisende Positionen auch in Skulptur, Fotografie und Video.

Jetzt wird Geburtstag gefeiert – im großen Stil und an vier Häusern, die über die im Beirat sitzenden Museumsdirektoren mit der Sammlung verbunden sind. Die zentrale Ausstellung, die der Übersicht und Bestandsaufnahme dient, ist die in Düsseldorf. Gregor Jansen ist als Kurator in seinem Kunsthaus am Grabbeplatz tätig geworden. Er hatte das Glück, sich aus einem Konvolut von nahezu 1000 Arbeiten bedienen zu können, andererseits hatte er die Qual der Wahl. Mit professionellem Blick richtete er großzügige Denkräume ein, die zum Lustwandeln einladen. Es ist eine Dramaturgie zu spüren, die sinnlich und klug die Schwerpunkte der Sammlung mit einigen Außenseiterpositionen zu kombinieren vermag.

Augenzwinkernd versteht Jansen das Intro, gleich hinter der Eingangstür begrüßt uns Eberhard Havekosts dreiteilige lichte Malerei – eine Reverenz an die Akademie. Im Flur oben hängen dann gleich zwei dicke Fische: Georg Herold und Dan Flavin zum Thema Licht, der eine mit verschnürtem Holz, der andere mit seinen berühmten Leuchtstoffröhren in Rot-Grün. In der Beschränkung liegt die Kunst.

Der Seitenlichtsaal erstrahlt in einer Aura, die von der Sammlung Speck beseelt wurde: Ganz frühe Beuys-Arbeiten – Jungfrau von 1949 und Jungfrau von 1952 sowie seine berühmte Baader-Meinhof-Arbeit von 1972 – dies alleine ist schon einen Besuch wert. Doch nicht vergessen sollte man Carl Andres Stahlplatten, Marcel Broodthaers, James Lee Byars, Jannis Kounellis, Walter Dahn und die mehrdeutige Strickarbeit von Rosemarie Trockel. Es sind all dies die Protagonisten einer Zeit des Aufbruchs.

Die Malerei hat sich gegenüber eingerichtet, von Trockel aus schaut man auf einen kapitalen Neo Rauch – als Leipziger der hiesigen Szene nicht nah, als einflussnehmender Maler ein moderner Erneuerer und daher von Interesse. Rauch zu kaufen, ist nicht leicht bei den paar Bildern, die er pro Jahr malt. Rheingold hat einige erworben, und in der Kunsthalle wurde der "Seewind" platziert. Wie so oft hat sich der Maler mit seinem Konterfei darauf verewigt. Inmitten der unterschiedlichen Malvorgehensweisen, der experimentellen (Butzer) und gepixelten (Wasmuht), der erzählenden (Doig), der ungeheuerlichen (Immendorff, Ohlen/Meese, Kippenberger) und aufgerasterten (Polke), hat der Kurator den Kokainberg von Georg Herold platziert. Das beweist, wie sehr die Inszenierung die Aussage eines Werkes verändern kann, das vorher monolithisch einen Raum dominierte, sich hier indes formal unterordnet.

Damit haben Fotos weniger Probleme, werden sie doch insgesamt dokumentarischer wahrgenommen. In dieser Sammlung ist sie reichlich vertreten, die Jetztzeit-Fotografie. Beispiele in der Kunsthalle weisen auf bedeutende Serien, etwa die Paradies-Reihe von Thomas Struth oder die Räume von Candida Höfer. Besonders fällt Thomas Ruff mit "jpeg bi01" ins Auge, flankiert von ebenso frei komponierten Fotografien eines Wolfgang Tillmans ("Freischwimmer") oder Gregor Schneider ("Der deutsche Beitrag" – 58-teilige Dokumentation aus dem Haus Ur). Nur Andreas Gursky fehlt.

Zu funkelnden Geschmeiden hat Gregor Jansen die Juwelen der Sammlung Rheingold verwoben. Auch auf Namen wie Imi Knoebel, Jeff Wall, Thomas Schütte oder Beat Streuli kann man sich verlassen – sie bieten das Beste, was die vergangenen 60 Jahre hervorgebracht haben. Das ist das Kraftfeld der eigentlich noch jungen Sammlung, die sich schon jetzt zu zehn weiteren Jahren verpflichtet hat.

(RP)
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