Darf ein Kind Adolf heißen?

Gesellschaftskomödie "Der Vorname" aus Frankreich

Vier Personen – verwandt, verschwägert oder Freunde seit Kindertagen – treffen sich zu einem Abendessen. Sie streiten, dann kommt eine Person dazu und provoziert weiteren Ärger. Soweit die Versuchsanordnung des Bühnenstücks "Der Vorname" von Matthieu Delaporte und Alexandre de la Patelliere. Es war in Paris ein so großer Erfolg, dass die beiden Autoren daraus einen Film machten.

Es macht Spaß, diesem (mit der Ausnahme einer Umbesetzung) nach über einjähriger Bühnen-Erprobung glänzend aufeinander eingespielten Ensemble zuzusehen und zuzuhören – wenn auch um den Preis, dass mancher Schlagabtausch zu gut geölt wirkt und die Fiktion spontaner Entwicklungen verloren geht. Aber schließlich ist das Stück ohnehin als eine aus purem Übermut vom Zaun gebrochene Runde von hitzigen Streitereien angelegt.

Patrick Bruel spielt mit dem Charme eines Allround-Könners eine Art Zeremonienmeister: Als reicher Immobilien-Makler Vincent besucht er seine Schwester Elisabeth und ihren Mann, den Literaturprofessor Pierre. Er provoziert die Runde mit der Behauptung, dass sein erster Sohn, dessen Geburt bevorsteht, Adolf heißen soll. Mit Spott pariert Vincent, ein zynischer Konservativer, die wütenden Ausfälle von Pierre, dem "linken" Intellektuellen, über Sinn und Unsinn von tabuisierten Vornamen und "political correctness".

So genau wie das Links-Rechts-Schema der männlichen Wortführer sind auch die Frauenrollen austariert: Elisabeth hat sich in ihrem "linken" Milieu auf die konservative Rolle einer Köchin und Erzieherin ihrer Kinder zurückgezogen, während Anna, die Lebensgefährtin des konservativen Vincent, eine Karrierefrau bleibt. Der fünfte in der Runde, der stille Musiker Claude, sorgt zum Finale für eine Überraschung in diesem mit viel Witz formulierten Stück über Lebenslügen und politische Lagerbildung im gehobenen Milieu. Es bleibt bei unterhaltsamem Boulevard. Er wird nicht, wie in Polanskis Kammerspiel, bedroht von einem alle Dämme der Zivilisation niederreißenden "Gott des Gemetzels". llll

(RP)
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