Interview Christos Yiannopoulos Düsseldorf wird zum Tatort

Düsseldorf · Der Drehbuchautor lässt in seinem Krimi „1965“ den jungen Kommissar Thomas Engel im Mädchen-Mord in Kaiserswerth ermitteln.

  Der Autor Christos Yiannopoulos, alias Thomas Christos.

Der Autor Christos Yiannopoulos, alias Thomas Christos.

Foto: FrankHanewacker/FrankHanewacker/ Sedan Sieben

Düsseldorf Mitte der 60er Jahre: In der Ruine der Kaiserpfalz in Kaiserswerth wird ein kleines Mädchen tot aufgefunden. Ein unglücklicher Unfall? Oder doch ein Mord? Und warum wird nicht jene Spur verfolgt, die ins Jahr 1939 zurückführt? Auch damals fand sich dort eine Mädchenleiche, das Gesicht mit einem Taschentuch bedeckt. Die Gestapo machte es sich damals leicht, hatte bald einen Homosexuellen unter Verdacht, sein Geständnis unter Folter erzwungen und ihn hingerichtet. Er steht vor vielen Rätseln, der junge Kommissar Thomas Engel, Held des neuen Düsseldorf-Krimis von Thomas Christos. Und hinter ihm verbirgt sich der Düsseldorfer Schriftsteller Christos Yiannopoulos. Sein neues Buch, „1965 – Der erste Fall für Thomas Engel“ erscheint in der kommenden Woche und wird Spitzentitel des Blanvalet-Verlags auf der Buchmesse in Leipzig sein. Die Premierenlesung aber findet zuvor in Düsseldorf statt, der Stadt der Romanhandlung: am 4. März, in der Mayerschen Buchhandlung. Christos Yiannopoulos ist in erster Linie Drehbuchautor. Der 62-Jährige, der als Kind griechischer Gastarbeiter 1964 nach Deutschland kam und später in Düsseldorf Germanistik und Pädagogik studierte, arbeitet hauptsächlich fürs Fernsehen – auch für den „Tatort“. Sein größter Erfolg war „Der Vernusmörder“, der bei seiner Erstausstrahlung 1996 mehr als 7,8 Millionen Zuschauer erreichte.

Ihr junger Ermittler heißt Thomas Engel. Ihr Autorenname ist Thomas Christos. Da liegt er Verdacht nahe, dass zwischen Autor und Figur eine Beziehung besteht – vielleicht eine Art Wesensverwandtschaft?

Yiannopoulos Dass der Ermittler mit Vornamen Thomas heißt, ist reiner Zufall. Mir ist erst im Nachhinein aufgefallen, dass er sich mit meinen Autorennamen deckt. Aber vielleicht deutet das ja auf eine Wesensverwandtschaft hin? Der Thomas im Buch ist jedenfalls ein wenig naiver, als ich es in jungen Jahren war.

In dem Krimi geht es – ohne zu viel zu verraten – um Kindermorde aus der Nazi- und der Nachkriegszeit. Wie wichtig ist es Ihnen zu zeigen, dass die braune Vergangenheit viele Jahre unaufgeklärt geblieben ist und vertuscht wurde unter dem Deckmantel des Alltags?

Yiannopoulos Ganz wichtig. In vielen Institutionen der Nachkriegszeit, wie Polizei, Justiz oder Ärzteschaft saßen ja Leute, ohne die das NS-System nicht funktionieren konnte, um es mal diplomatisch auszudrücken. Ein deutsches Sprichwort sagt auch: Eine Krähe hackt der anderen kein Auge aus. Mit anderen Worten: Wer damals einen Polizeikollegen wegen Kriegsverbrechen anschwärzte, galt leicht als Nestbeschmutzer. Andererseits gab es zum Glück aber auch eine Sonderkommission, die sich um Kriegsverbrechen kümmerte.

Ist Thomas Engel darum mehr als ein Ermittler, ist er eine Art Aufklärer und im politischen Sinne ein Vorläufer der 68-er Bewegung und Proteste?

Yiannopoulos „1965“ ist der Auftakt einer Krimiserie, die in den sechziger Jahren spielt. Der nächste Band heißt insofern „1966“. Mein Plan ist es, diese bewegten Jahre mit den Mitteln des Kriminalromans und aus der Perspektive eines jungen Ermittlers zu erzählen. Ohne zu spoilern kann ich aber sagen, dass er beileibe kein Politiker oder Rebell wird, im Gegenteil, er wird oft zwischen die Fronten geraten. Thomas Engel will halt nur ein guter Polizist bleiben, gerecht und gewissenhaft.

Ein „Protestereignis“ in Düsseldorf war damals das Konzert der Stones. Deren Auftritt und deren Lieder spielen auch im Buch eine Rolle. Sind Sie Stones-Fan; und haben Sie damals als Kind etwas von dem Hype mitbekommen?

Yiannopoulos Also, ich war etwas zu jung um diesen Hype mitzubekommen. Aber mein älterer Bruder hatte sehr viel Ärger mit meinen Vater gehabt, weil er eine Frisur wie Brian Jones wollte. Man mag sich heute gar nicht mehr vorstellen, welche Bedeutung die Stones damals für die Jugend hatten. Der Aufbruch und die Rebellion der sechziger Jahre waren ohne diese Musik nicht denkbar. Ich für meinen Teil stand später eher auf die Beatles, vor allen auf John Lennon.

Wie wichtig ist denn der Tatort Düsseldorf für Sie?

Yiannopoulos Der Tatort Düsseldorf ist für mich aufgrund meiner Biographie sehr wichtig; ich liebe diese Stadt, ich bin hier aufgewachsen.

Sie sind kein Muttersprachler, sondern mit sieben Jahren von Griechenland nach Deutschland gekommen. Hat das Einfluss auf Ihr Erzählen? Ist es möglicherweise klarer, ungekünstelter?

Yiannopoulos Die Art und Weise, wie ich schreibe, hat mit meiner Sozialisation als Drehbuchautor zu tun: pointierte Dialoge, sachliche Beschreibungen und viel Handlung. Ich kann da nicht aus meiner Haut.

Am Ende verabschiedet sich Thomas Engel aus Düsseldorf und fährt nach Berlin. Ist damit der Fall Thomas Engel für Düsseldorf erst einmal erledigt? Wird es keine Fortsetzung in der Landeshauptstadt geben?

Yiannopoulos „1966“ wird in Berlin spielen. Aber es geht ja weiter ...

Sie haben schon unzählige Drehbücher mit Erfolg geschrieben, unter anderem auch für den „Tatort“. Könnte dieser Krimi ebenfalls die Vorlage für ein Drehbuch beziehungsweise einen Film liefern? Oder haben sie es vielleicht schon geschrieben?

Yiannopoulos Ich habe bewusst nicht an eine Verfilmung gedacht, obwohl es sich bestimmt dafür eignen würde.

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