Düsseldorf ChorWerk Ruhr – so erhebend ist Singen im Chor

Düsseldorf · Am Anfang war der Ton, und der Ton war schief. Gleich aber wurde er schön, ein Organist stand auf der Bühne im Düsseldorfer Robert-Schumann-Saal, in sein Örgelchen versunken, und stimmte jeden einzelnen Ton geduldig wie ein Stoiker. Über ihm baumelte nämlich ein Mikrofon, der Deutschlandfunk nahm das Konzert auf – und zwar ein grandioses.

Das ChorWerk Ruhr, finanziert von Ruhrtriennale und Land NRW, besteht aus lauter Sängern unter 30, die im Sopran mal eben ein dreigestrichenes Cis singen, wie es die Motette "Fürchte dich nicht" von Sven-David Sandström fordert. Lächelnd zum Gipfelkreuz: So musiziert das Elite-Ensemble unter Florian Helgath, das kaum Grenzen zu kennen scheint. Sandströms Chormusik ist in ihrer Mischung aus Neo-Barock, frühem Ligeti und Strauss-Chromatik in der Tat dankbares Material für Stimmfetischismus. Motto: wenn Singen vom Stammeln ins Zwitschern gleitet. Auch Sandströms "Magnificat" zeigte Chorkunst der Sonderklasse.

Wer bemerkt, dass diese Titel nach Bach riechen, merkt nicht fehl. Allerdings ist Sandström mehr als ein intelligenter Farbkopierer des großen Alten, er erfindet neue Gedanken, Melodien und Linien. Der Eklektizismus hält sich in Grenzen, die kreative Sportlichkeit siegt.

Dagegen wirkten Bachs Originale (Motette "Singet dem Herrn" und "Magnificat") dennoch wie Ikonen, und es sprach für das Niveau des ChorWerks Ruhr, dass es auch hier mit großer Geschmeidigkeit operierte. Im Ensemble Resonanz assistierte ein fabelhaftes Team, das alte und neue Techniken glänzend integrierte. Die Solisten Johanna Winkel, Gerhild Romberger, Dominik Wortig und Tobias Berndt adelten einen hinreißenden Abend.

(RP)
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