Nobelpreis Überfälliger Chemie-Nobelpreis für Batterie-Entwickler

Stockholm · Die Entdeckungen von John B. Goodenough, M. Stanley Whittingham und Akira Yoshino haben den Alltag verändert

 Mit 97 Jahren  ist John B. Goodenough jetzt der älteste Nobelpreisträger.   Foto: AP

Mit 97 Jahren ist John B. Goodenough jetzt der älteste Nobelpreisträger. Foto: AP

Foto: AP/Alastair Grant

  Man darf den Verantwortlichen in Stockholm vorwerfen, dass diese Auszeichnung zu spät vergeben wurde. „Die Entdeckungen von John B. Goodenough, M. Stanley Whittingham und Akira Yoshino hatten einen enormen Einfluss auf unsere Welt“, begründete Olof Ramström die Wahl der diesjährigen Nobelpreisträger für Chemie. Die Lithium-Ionen-Batterie sei ein wichtiger Bestandteil der Revolution der mobilen Elektronik, so das Mitglied des Nobelkomitees. Dieser Aussage wird jeder Verbraucher zustimmen, der auf die elektrischen Gegenstände in seinem Alltag schaut. Die wiederaufladbaren Lithiumionen-Akkus sind Bestandteil unseres Lebens geworden. Der Amerikaner Goodenough, der Brite Whittingham und der Japaner Yoshino haben diese Technologie entwickelt. Jeder von ihnen leistete einen wichtigen Schritt, bis ein Konzept aus den 1970er Jahren tauglich für den Alltag wurde.

Das Trio steht seit weit mehr als zehn Jahren auf jeder Liste, wenn die Experten in den Tagen vor dem Nobelpreis ihre Prognose abgeben. Das Stockholmer Komitee hat nun solange gewartet, dass John B. Goodenough der älteste Mensch ist, dem bisher ein Nobelpreis zuerkannt wurde. Er ist 97 Jahre alt. Der Physiker wurde 1922 als Sohn amerikanischer Eltern in Jena geboren, studierte und forschte aber immer in den USA. Der betagte Forscher hat vielerlei Auszeichnungen erhalten. Vor gut einem Jahr machte er sich noch auf den Weg in seine Geburtsstadt, um dort den Ehrendoktortitel entgegen zu nehmen.

Im Jahr 2017 legte der umtriebige Wissenschaftler zusammen mit jüngeren Kollegen das Konzept für einen neuen Batterietyp vor. Er will das relativ seltene und schwer zugängliche Lithium durch Natrium ersetzen. Damit würde sich die Umweltbilanz der wiederaufladbaren Batterie wesentlich verbessern. Die Entwicklung guter Speichermaterialien für den elektrischen Strom beispielsweise aus erneuerbaren Energien zählt zu den wichtigsten Aufgaben der modernen Welt. Auch die anderen beiden Forscher hat diese Motivation nicht mehr losgelassen. Whittingham feiert im Dezember den 78. Geburtstag, genau wie der 71-jährige Akira Yoshino arbeitet er noch regelmäßig an der Entwicklung neuer Batterietypen.

Die konkrete Arbeit, für die die drei Wissenschaftler jetzt ausgezeichnet wurden, lässt sich am besten als Zähmung des wilden Lithiums beschreiben. Batterieforschung ist eine Ingenieurkunst, damit sich die physikalischen Eigenschaften von Materialien auch im Alltag einsetzen lassen.

Schon früh war vielen Forschern weltweit klar, dass sich das Leichtmetall hervorragend für elektrochemische Prozesse eignet und eine Batterie mit hoher Spannung und Leistungsfähigkeit ermöglichen sollte. Doch Lithium ist sehr reaktiv, brennbar und gefährlich. Die drei Forscher entwickelten deshalb neue Materialien, die viele schützende Schichten bilden, zwischen denen sich Lithium und Lithiumionen einlagern können.

In den 1970er und 80er waren solche speziellen Strukturen längst nicht so gut erforscht wie heute; Strategie und Kreativität deshalb gefragt. Akira Yoshino entdeckte beispielsweise, dass Petrolkoks, ein Abfallprodukt der Erdölchemie, eine geeignete Schichtstruktur besitzt. John B. Goodenough stellte ein Kobaltoxid her, das die kleinen Lithiumionen aufnehmen kann. Diese neue Substanz hatte einen positiven Nebeneffekt. Die Batterie liefert dadurch eine Spannung etwa vier Volt statt vorher nur zwei.

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