Düsseldorf Cannes blickt auf das Leben von Grace Kelly

Düsseldorf · Zum Auftakt der 67. Filmfestspiele von Cannes spielt Nicole Kidman "Grace of Monaco" - und das monegassische Königshaus boykottiert empört die Eröffnung. Im Wettbewerb dominieren die alten Herrn des Autorenkinos.

Sie hatte Grazie. Eine vornehme Schönheit also, die andere auf Abstand hält und doch ohne Hochmut auskommt und darum für sich einnimmt. Mit dieser Ausstrahlung wurde die 1929 in Philadelphia geborene Grace Kelly in Hollywood zum Star. Alfred Hitchcock nannte sie "Schneewittchen" und drehte Bleibendes mit ihr wie den Thriller "Das Fenster zum Hof". Und dann reiste die bewunderte Schauspielerin 1955 zu den Filmfestspielen nach Cannes, lernte dort Fürst Rainier III. von Monaco kennen - und wurde Prinzessin.

Was das für ihr Leben bedeutet hat, davon erzählt "Grace of Monaco", der neue Film von Olivier Dahan. Der hat schon das bewegte Leben von Edith Piaf in "La vie en rose" zu einem burgunderschweren Melodram verdichtet. Nun darf er heute Abend die 67. Festspiele von Cannes eröffnen und bringt Hauptdarstellerin Nicole Kidman mit an die Côte d'Azur.

Der Auftritt beschert dem Festival, das zuverlässig als das glänzendste unter den Filmfesten beschrieben wird, einen Auftakt nach Maß. Denn Nicole Kidman bringt doppelten Glamourfaktor: Mit ihr wird auch ein wenig die Vergangenheit auf dem roten Teppich erscheinen, Cannes taucht zurück in die Zeit, als Grace Kelly ihrer Generation den Stil vorgab und ein Leben im Goldenen Käfig führte, das die Fantasien der Menschen jenseits der Gitterstäbe beflügelte. Natürlich ist das Filmstoff.

Dahan spielt das Tragische dieses Lebens in seiner Verfilmung effektvoll aus - und stößt damit in Monaco auf Widerstand. Das monegassische Königshaus wird der Gala heute Abend aus Protest gegen die "zu glamouröse" Darstellung fernbleiben. Damit hat das Festival auch den Skandal zum Auftakt, der Aufmerksamkeit beschert, ohne zu beschädigen. Es läuft also alles nach Wunsch an der Croisette.

Im Wettbewerb zeigen Altmeister wie Jean-Luc Godard, Mike Leigh, Ken Loach und die Brüder Dardenne ihre neuen Werke. Das hat dem Festival die Kritik eingetragen, es wage nichts, missachte die Frauen und gebe dem Nachwuchs keine Chance. Doch das verkennt die Qualität der geladenen Autorenfilmer, die womöglich immer noch die relevantesten Filme machen. Außerdem ist mit dem erst 25-jährigen Kanadier Xavier Dolan ein junges, höchst eigenwilliges Genie geladen. Und auch für Amerika bleibt Cannes attraktiv: Tommy Lee Jones zeigt seinen Western "The Homesman" mit Hilary Swank und Meryl Streep, David Cronenberg seine Hollywood-Satire "Maps to the Stars", in der er erneut auf den früheren "Twilight"-Vampir Robert Pattinson setzt.

Deutsche haben es wieder nicht in den Wettbewerb geschafft. Fatih Akin hat seinen Western "The Cut" "aus persönlichen Gründen" zurückgezogen, ehe die Auswahl bekannt gegeben wurde. Nur Wim Wenders reist mit seiner Doku "The Salt of the Earth" über den brasilianischen Fotografen Sebastião Salgado nach Südfrankreich und hat jetzt zu Protokoll gegeben, dass er den deutschen Film für zu Unrecht vernachlässigt hält. Diese Solidaritätsbekundung ehrt Wim Wenders, doch machen in Deutschland im Moment eher wieder Komödien wie der erfolgreiche "Fack ju Göhte" von sich reden. Das ist gut fürs Geschäft, bei internationalen Wettbewerben in der Liga von Cannes muss ein Land Gewichtigeres bieten.

(RP)
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