Bildband von Abe Frajndlich Wenn Fotografen fotografiert werden...

Abe Frajndlich ist es gelungen, die weltweit berühmtesten Fotografen hinter ihrer Kamera hervor und vor seine eigene zu locken. Mit außergewöhnlichem Geschick hat er Menschen vor seine Linse gebracht, die es gewohnt sind, ihre Augen hinter der Kamera zu verstecken.

Mit dem "hungrigen Blick", aber auch mit der Unbeirrbarkeit und Geduld, die nur Penelopes festem Glauben an die Rückkehr ihres Mannes Odysseus gleichkommen, hat der Amerikaner Abe Frajndlich in den letzten 30 Jahren seine berühmten Fotografen- Kollegen porträtiert.

Eine Auswahl von gut 100 Aufnahmen der immer umfangreicher werdenden Porträt-Sammlung erscheint nun erstmals in Buchform unter dem Titel "Penelopes hungriger Blick". Hier finden sich große alte Meister der Photographie neben photographierenden Künstlern, aber auch Weggefährten und die jüngeren Meister der Düsseldorfer Schule.

Für jedes seiner Portraits (teils in Farbe, teils in Schwarzweiß) hat sich Frajndlich eine individuelle Inszenierung einfallen lassen, die das wesentliche Organ des fotografierenden Menschen auf unterschiedliche Weise fokussiert: die Augen des Fotografen, die so besonders sind wie die Stimmen begabter Sänger.

Manche wenden sich ab

Manche der Abgelichteten wehren sich, indem sie die Augen schließen, eine Maske tragen oder sich abwenden (Cindy Sherman, Annie Leibovitz, Thomas Struth oder Hans Namuth).

Andere inszenieren ihre Augen mittels Requisiten wie Spiegel, Lupen oder Brillen (wie zum Beispiel Bill Brandt, Duane Michals, Andreas Feininger, Lillian Bassman) und wieder andere weisen auf die Verletzlichkeit ihrer Augen hin, indem sie Messer und Scheren mit ins Bild bringen (Imogen Cunningham, Lucas Samaras).

Viele der Porträtierten reagieren auf den ungewohnten "Seitenwechsel" jedoch auch mit einem direkten, intensiven Blick in Frajndlichs Kamera (Candida Höfer, Berenice Abbott, Gordon Parks).

Abe Frajndlich präsentiert in dem Bildband ein "Who is Who" der jüngeren Fotogeschichte, angereichert mit einem sehr subtilen Blick für humorvolle Situationen. In Bild und Wort (der Fotograf hat zu jedem Portrait eine persönliche Notiz verfasst) begibt sich Frajndlich so auf die Spur nach dem immer rätselhaften Verhältnis der realen Person zu ihrer eigenen Legende.

Abe Frajndlich wurde 1946 als Sohn polnischer Juden in Frankfurt geboren und kam auf Umwegen über Israel, Frankreich und Brasilien im Alter von 10 Jahren in die USA. Sein Vorbild und Mentor war der Fotograf Minor White, von dem er "die Kunst des Sehens" lernte.

Abe Frajndlich
Penelopes hungriger Blick
Portraits von Photographen
Mit Texten von Abe Frajndlich und einem Essay von Henry Adams
Verlag Schirmer/Mosel
ISBN 978-3-8296-0527-4
Ladenpreis € 49.80

(csr)
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