Steinunn Johannesdottir: Das sechste Siegel

Im Jahr 1627 überfallen arabische Piraten die isländischen Westmänner-Inseln und verschleppen vor allem Frauen und Kinder nach Algerien. Unter den Gefangenen ist auch die junge und hübsche Gudrid Simonardóttir und ihr kleiner Sohn. Von ihrem Mann fehlt nach der Brandschatzung jede Spur. Auf der Seereise versucht Gudrid die Hoffnung nicht aufzugeben, ihren Mann lebend wieder zu sehen. Aber mit jeder Seemeile fern von der Heimat wird ihr das Herz schwerer. Sie fürchtet hauptsächlich um das Leben ihres Jungen.

 "Das sechste Siegel" von Steinunn Johannesdottir.

"Das sechste Siegel" von Steinunn Johannesdottir.

Foto: Wunderlich

In sengender Hitze kommen die Isländer in Algier an und werden auf dem nordafrikanischen Sklavenmarkt feilgeboten. Gudrid macht bei ihrem Herren eine schwere Zeit durch. Immer wieder wird sie erniedrigt und gedemütigt. Zum guten Schluss entfernt und entfremdet man ihr auch noch den heranwachsenden Sohn. Aber bei allem Leid bleibt sich die junge Frau treu und bewahrt sich ihre eigene Identität.

Während ihres Sklavendaseins lernt sie in Afrika viele Isländer kennen, die das gleiche Schicksal teilen. Erst nach fast einem Jahrzehnt ist die Rückkehr in die Heimat greifbar nahe. Aber sie muss ein hohes Lösegeld aufbringen. Und Gudrid muss ihr Kind zurücklassen, wenn sie Algerien verlassen will.

Die isländische Autorin Steinunn Johannesdottir hat eine spannende und einfühlsame Geschichte um ihre Protagonistin Gudrid geschrieben, die zu Beginn eine einfache gottesfürchtige Fischersfrau war. Auf Grund ihrer zahlreichen und einschneidenden Erfahrungen wandelt sich Gudrids Persönlichkeit deutlich. Die Autorin vermag durch ihre detaillierten Landschaftschilderungen und Beschreibungen der Städte die jeweilige Szene zum Leben erwecken. Auch Gudrids versklavte Landsleute bleiben durch Schilderungen ihrer Herkunft keine Unbekannten. Johannesdottirs Roman "Das sechste Siegel" basiert auf historische Ereignisse, die alle schriftlich belegt sind. Gudrids bewegende Erlebnisse sind auf jeden Fall lesenswert.

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