Nicolas Remin: Schnee in Venedig

Venedig im Winter 1862: Die Lagunenstadt ist besetzt von den Habsburgern. Es ist die Zeit der Reifröcke und der Maskenbälle. Aber die Serenissima und ihre Bewohner haben auch schon bessere Zeiten gesehen: In den Palästen am Canal Grande bröckeln die Mauern, die Tintoretto-Gemälde an den Wänden sind Kopien, Gräfinnen verdingen sich als Putzfrauen und ein veritabler Conte ist gezwungen, sich seinen Unterhalt als Polizist zu verdienen.

 "Schnee in Venedig" von Nicolas Remin.

"Schnee in Venedig" von Nicolas Remin.

Foto: Kindler

Alvise Tron, der letzte Spross eines alten Adels-Geschlechts, nimmt denn auch als Commissario die Ermittlungen auf, nachdem auf dem Raddampfer, der aus Triest in Venedig eintrifft, ein hoher kaiserlicher Beamter ermordet aufgefunden wird. Pikant: Neben ihm liegt die Leiche einer nackten jungen Frau.

Mit seinen Fragen tritt Tron in Wespennester. Er merkt, dass die österreichische Militärpolizei einen falschen Verdächtigen verhaftet und einen möglichen Täter deckt. Die Militärpolizei entzieht Tron den Fall. Das kümmert ihn aber wenig, er führt die Ermittlungen auf eigene Faust weiter. Unterstützt wird er dabei von höchster Stelle - von Kaiserin Elisabeth und von der schönen Principessa Montalcino.

Dokumente verschwinden, Tron entdeckt einen Bordellbetrieb auf dem Schiff, einen illegalen Spielsalon in einem Palazzo, und stellt fest, dass sich der ermordete Beamte nichts aus Frauen machte. Aber auch Tron gerät zunächst auf falsche Fährten. Es geschehen weitere Morde, Tron wird als Verdächtiger verhaftet und findet sich schließlich selber in den Fängen des Mörders.

"Schnee in Venedig" ist ein turbulenter, spannender Venedig-Krimi. Aber wenn man großzügig über einige sprachliche Schludrigkeiten hinweg sieht, bietet der Roman weit mehr: Remin gelingt es, die düstere Winterstimmung in Venedig einzufangen, die durchbrochen wird durch die rauschenden Maskenbälle. Gleichzeitig beschreibt er treffend den sich abzeichnenden Untergang der alten Geschlechter, die sich ihre teuren Paläste und ihren aufwändigen Lebensstil nicht mehr leisten können, dies aber keinesfalls eingestehen wollen. Man wähnt sich als Leser selber in den muffigen, feuchten Treppenhäusern und den luxuriösen Ballsälen der Palazzi. Wer Venedig mag, ist mit dem Krimi jedenfalls gut bedient! Und wenn Commissario Trun im Geschäft bleibt, sieht er möglicherweise sogar besseren Zeiten entgegen, wie das Ende von "Schnee in Venedig" andeutet.

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