Frankfurter Buchmesse eröffnet Merkel fordert Dialog mit Ehrengast China

Frankfurt/Main (RP). Die Frankfurter Buchmesse öffnet am Mittwoch für Fachbesucher. Ehrengast ist in diesem Jahr China. Bundeskanzlerin Angela Merkel hat die Messe schon am Dienstag mit einer Rede eröffnet und dabei einen offenen Dialog mit China gefordert.

 Der chinesische Vizepraesident Xi Jinping und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben die Buchmesse besucht.

Der chinesische Vizepraesident Xi Jinping und Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) haben die Buchmesse besucht.

Foto: ddp, ddp

An keinem anderen Ort ist die weltgrößte Buchmesse so ehrlich wie in Halle 6.2 — hinten durch, abgeschirmt von Stellwänden: Eine Halle ganz ohne Bücher, nur bestückt mit etwa 250 mickrigen Holztischen, hinter denen adrette Damen und Herren sitzen. Praktisch wie beim Ball der einsamen Herzen, allerdings geht es hier, im Zentrum der Scouts und literarischen Agenten, nur um das Geschäft mit Lizenzen und damit um das ganz große Geld. Hier werden die Bestseller von morgen vertickt, die Tellkamp-Rechte nach Südkorea und aus den USA der nächste Stephen King.

Nicht im "Hinterzimmer", sondern vor knallbunter Bücherkulisse übernahm am Dienstag Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) den offiziellen Part in Frankfurt am Main. Bei ihrer Eröffnungsrede rief sie zu einem respektvollen Dialog auf und zur Achtung der Meinungsfreiheit. "Literatur ist ein wesentlicher Schlüssel zum Verständnis von Kulturen", betonte die Kanzlerin. Auch der Ehrengast China wisse, dass sich auf der Buchmesse lobende, abwägende und kritische Stimmen melden werden. "Es wird keine Tabus in der Diskussion geben", sagte Merkel. Zugleich unterstrich sie die Bedeutung des Buches als besonderes Gut.

Daran knüpft sich wiederum die von Stellwänden abgetrennte Halle der literarischen Agenten und Scouts. Den Lizenzhandel wird es solange geben, wie geschrieben wird. Ob eine solche Haltbarkeit auch dem — wie sagt man neuerdings: "physischen Buch" beschieden ist, bleibt ein klein wenig abzuwarten. Sicher, noch ist das Gespenst der Digitalisierung so furchterregend wie ein Halloween-Überfall — bei 65.000 digitalen Büchern, die im ersten Halbjahr hierzulande einen Käufer fanden.

Doch mit dem neuen "Kindle" von Amazon, der mit der Buchmesse nach Deutschland kommt und der Texte aller Art aus dem Netz herunterladen kann, dürften sich die Zeiten allerdings rasch ändern. Nach der jüngsten Studie von "Buchreport" rechnet die Mehrheit der Buchbranche damit, dass im Jahr 2018 erstmals mit digitalen Inhalten mehr erwirtschaftet wird als mit dem traditionellen Buchgeschäft.

Nicht weit von der Buchmesse zu Frankfurt entfernt hat Johannes Gutenberg einst den Buchdruck mit beweglichen Lettern erfunden; und es kann sein, dass in dieser edlen Nachbarschaft bald die Nachfolgermodelle kreiert werden. Für Nostalgie jedoch wird der Branche nur bedingt Zeit bleiben. Denn der digitale Zugang zur Literatur ist eng verknüpft mit der Sorge um die Urheberrechte. Was der Musikbranche vor Jahren mit illegalen Downloads widerfuhr, scheint sich trotz vehementer Verteidigung durch den Börsenverein jetzt im Buchhandel zu wiederholen. Und dabei wird im elektronischen Buch durchaus eine Art Trojanisches Pferd gesehen.

Es wäre ein Beutezug der lukrativen Art: Selbst in Zeiten der Finanzkrise, erklärte gestern Gottfried Honnefelder, Vorsteher des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, konnte die Branche ihren Umsatz bis Oktober 2009 im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um 2,8 Prozent steigern. Davon träumt wahrscheinlich jeder Ökonom — von Produkten, die konjunkturunabhängig sind.

Erfreuliche Zahlen, die dennoch Deutschland nicht gleich zum Land der Bildungshungrigen machen. Denn in der Zwischenbilanz der Jahresbesteller liegen zwei Vampirbücher von Stephenie Meyer vorn. So sagen die ab heute ausgestellten 401.932 Buchtitel nur wenig über die Qualität der Messe aus. Weil jeder weiß, wie prächtig es sich schon mit einem Buch langweilen lässt.

Dagegen trifft die Messe Vorsorge. Etwa in der neuen "Gourmet Gallery", die vom Winzer bis zum Chocolatier alles versammelt, was mit außerliterarischen Genüssen zu tun hat. Und Buchhändler finden nebenan Beratung für "kreativ inszenierte Geschenkwelten" — natürlich mit Waren aus dem so genannten Non-Book-Bereich. Komisch nur, dass dies im "Trendforum" angeboten wird.

(RP)
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