Kati Naumann: Alte Liebe

Starke Geschichten kommen häufig unscheinbar daher, gute Geschichten sind oft scheinbar leicht erzählt. So verhält es sich auch mit "Alte Liebe" von Kati Naumann: Ungekünstelt, nur manchmal mit feinem ironischen Unterton erzählt Naumann die Geschichte von Valentina, die mit ihrem Mann in einer ostdeutschen Kleinstadt nahe Leipzig wohnt.

 Kati Naumann: "Alte Liebe".

Kati Naumann: "Alte Liebe".

Foto: Edition Büchergilde

Im Leben der jungen Frau gibt es eigentlich keine Unruhepunkte. Ihr Job in einem Planungsbüro ist unspektakulär, zu Hause kümmert sie sich um ihren kleinen Garten, während Ehemann Frank damit beschäftigt ist, am neu gebauten Einfamilienhaus zu werkeln. Die Gleichförmigkeit ihres Alltags wird aber unterbrochen, als mehrere Ereignisse sie fordern: Da verliert sie vorübergehend ihren Führerschein, weil sie an einer roten Ampel geblitzt wurde. Da trifft sie die Nachbarstochter Natalie, die als schwarz gekleidete Neuromantikerin mit Ratte auf der Schulter nicht so recht in die Kleinstadt passen will. Und schließlich ersteht Valentina bei einer Haushaltsauflösung eine Truhe mit zunächst geheimnisvollem Inhalt.

Nachdem sie die Truhe geöffnet hat, findet Valentina das Bild eines jungen Mannes und die Feldpostbriefe, die er seiner großen Liebe während des Zweiten Weltkriegs von der Front geschrieben hat. Zunächst schämt sie sich darüber, dass sie in die Privatsphäre eines ihr unbekannten Menschen eindringt. Dann aber liest Valentina die Briefe mit zunehmender Faszination. Sie weiß nicht, von wo und wann genau sie geschrieben wurden, versucht aber, sich aus den Briefen heraus ein Bild von deren Autor zu machen. Bis sie dann auch wissen will, ob es diesen Georg noch immer gibt.

Kati Naumann schildert die Suche Valentinas nach Georg und schließlich auch nach sich selbst mit leichtem Federstrich, mit leisem Humor. Sie gibt ihrer Heldin kleine Macken, großen Mut und erhebliches Durchhaltevermögen, dass sie auch braucht: Valentinas Welt zerbröckelt langsam, aber unaufhörlich. Streit mit Ehemann Frank, das Misstrauen der Kleinstädter, Stress mit Eltern und Schwiegereltern, die komplizierte Freundschaft mit der viel jüngeren Natalie - Valentina erkennt, wie beschränkt und den Atem nehmend ihre kleine, scheinbar so heile Welt in Wirklichkeit ist.

Naumann ist mit ihrem zweiten Roman "Alte Liebe" auch ein sehr genauer Blick auf (ost)deutsche Befindlichkeiten gelungen. Die Um- und Zustände, die sie schildert, haben hohen Wiedererkennungswert, ohne dabei langweilig zu werden. Naumann erzählt so fließend und auch durchaus spannend, dass sie im Leser Neugier auf die nächsten Seiten zu wecken versteht.

(Edition Büchergilde, ISBN , 200 Seiten, 19,90 Euro/SFr. 34,90)

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort