Bildband "America" Im Herzen der Supermacht

Der deutsche Fotograf Horst Hamann zeigt die Vereinigten Staaten von Amerika in seinem neuen Bildband in ihrer ganzen Zerrissenheit. Seine Bilder sind so weit wie das Land. In ihnen trifft das Elend die Zuversicht, Tristesse paart sich mit Erhabenheit, Spießbürgertum mit dem Abenteuer.

"America" - Bilder aus dem Herzen der Supermacht
13 Bilder

"America" - Bilder aus dem Herzen der Supermacht

13 Bilder
Foto: Horst Hamann / edition panorama

Horst Hamann bereist seit Jahrzehnten Amerika. Er ist besessen von diesem Land mit all seinen Widersprüchen. Wie gespalten es ist, hat die Präsidentenwahl wohl deutlicher gemacht als je zuvor. Und Europa fremdelt immer wieder aufs Neue mit dem Land, das für den alten Kontinent über Jahrhunderte Aufbruch und die Hoffnung verkörperte.

Allmachtsphantasien, das haben Kritiker den USA oft vorgeworfen. Amerikaner verstehen das eher als Glaube an sich selbst. "Yes, we can." "You can do it." Der Spirit der Abenteurer, die damals hinauszogen in den unbekannten Westen, ist darin immer noch zu spüren. Im Denken mancher wirkt sich das so aus, dass man auch den Klimawandel beherrschen zu können glaubt. Bauen wir halt Deiche.

Der Bildband mit dem einfachen Titel "America" umfasst Bilder, die Hamann in den ganzen Jahren seiner Reisen rastlos durch die USA gestreift. Von Ost nach West, ziellos, rastlos, immer der Nase nach. Hamann ließ sich treiben. Er liebt es, mit dem Wagen durch die endlose Weite zu fahren, erzählt er. Diese Weite hat er in einem extremen Format eingefangen. Die Bilder dehnen sich in ihrem breiten Panorama fast so weit wie der Horizont.

"Seine Fotos sind Fenster, die Blicke in eine andere, bisweilen fremde Welt ermöglichen", schreibt der Publizist Thomas C. Breuer im Nachwort. Sie lassen den Blick schweifen. Manchmal stutzt der Betrachter, weil er Widersprüche entdeckt. Die Freihheitsstatue vor New York wird zum nebensächlichen Accessoire degradiert, atemberaubende Landschaft ist nur Staffage für ein Kaff.

Hamanns Bilder laden ein zum Verweilen. Oftmals zeigen sie Zivilisation und Natur. Es wirkt bisweilen aberwitzig, mit welcher Verwegenheit sich Menschen in dieser gewaltigen Landschaft niederlassen, ja sie zu beherrschen glauben. Abschütteln lassen sie sich nicht. So erlauben Hamanns Bilder gleichzeitig einen Einblick in die amerikanische Seele, ihren Mut und Willen, immer wieder aufzustehen.

Deutlich ist dies etwa bei einer Aufnahme einer hoffnungslos abgewrackten Hütte zu sehen. Das Dach fehlt, die Wände sind aus Holz, dahinter liegt das Nichts. Verfall, Armut, Verelendung - auch das ist Amerika. Und dennoch glaubt jemand, daraus noch Profit schlagen zu können: In riesigen Lettern steht auf einem an die Wand gelehnten Schild: "For Sale."

Hamanns Bilder sind somit ebenso widersprüchlich wie ihr Sujet. Einerseits schonungslose Dokumentation. Andererseits Hommage an die Freiheit.

(pst)
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