Das neue Buch des Komikers „Happe“ und die grenzenlose Katzenliebe

Düsseldorf · Nach dem Suizid seiner Mutter bekam der kleine Hans-Peter einen Kater geschenkt. Als neuen, trostspendenden Weggefährten. Daraus wurde eine Partnerschaft fürs Leben. Das schildert Hape Kerkeling jetzt in seinem neuen Buch „Pfoten vom Tisch!“

 Den Katzen verfallen: Hape Kerkeling.

Den Katzen verfallen: Hape Kerkeling.

Foto: S. Knoll/Susie Knoll

Nein, kein Wörtchen glauben wir Dir, lieber Hape Kerkeling – genauer gesagt: lieber „Happe” Kerkeling, was wieder eine andere Geschichte ist, die wir später bestimmt noch erzählen. Doch jetzt erst einmal: Alles Lüge! Das seitenlange Schwadronieren über Hunde, die ja doch auch irgendwie tolle Tiere seien und so. Das glauben wir mit keinem Wort, weil nämlich nach der freundlichen Zuneigungserklärung anfangs für Hunde 280 Seiten folgen, die nur einen Schluss zulassen: Dieser „Happe“ Kerkeling ist den Katzen wehr- und hilflos verfallen, mit Haut und allen Schnurbarthaaren!

„Pfoten vom Tisch!” heißt also das neue Werk, und obwohl es heute erst in unsere Buchläden kommt, kann man es gefahrlos schon mal als Bestseller titulieren. Denn was soll da schon groß passieren? Mit einem persönlichen und zwischendurch herzzerreißenden Buch über Katzen aus der Feder eines aus Recklinghausen stammenden Komikers, dem bislang recht viel gelungen ist. Sein Pilgerbuch „Ich bin dann mal weg” von 2006 führte unglaubliche 103 Wochen unsere Bestsellerlisten an. Und der Film über seine eigene Kindheit mit dem nicht weniger unglaublichen Jüchener Julius Weckauf in der Hauptrolle gehörte vor drei Jahren zum besucherstärksten deutschen Film unserer Kinos.

Daran knüpft „Happe” Kerkeling an. Nämlich mit dem Suizid seiner Mutter und der Kindheit von Hans-Peter, die nun in die Hände der auch schon betagten, aber herzensguten Großeltern gelegt wird. Und die beschließen, dass der etwas dickliche Junge unbedingt einen Spielgefährten bräuchte, um – wie es dann so heißt – auf „andere Gedanken” zu kommen. Also ein Hund. Alles, bloß das nicht, rebelliert der Junge. Lieber eine Katze lautet seine Willensbekundung, die der heute 56-Jährige sein „Cat-Coming-out” nennt. So geht es im giftgrünen Renault zu Tante Elfriede ins Münsterland, denn die hat einen Bauernhof, und dort gibt es junge Katzen haufenweise. Das Schicksal will es, dass Hans-Peters Liebe ausgerechnet dem jungen und saufrechen Kater zufällt, über den Tante Elfriede kurz vorher noch raunzte: „Nee, die besser nich.”

Tja, die besser doch, sagt sich der Junge, nennt das Kätzchen Peterle und erlebt mit ihm das blaue Wunder – mit anderen Worten: das ganze Katzenglück dieser Welt! Was Peterle so alles macht, spiegelt sich dezent im Titel wieder. Das ist nämlich ein Zitat der Oma bei ihrem Versuch, wenigstens am Mittagstisch für Ordnung zu sorgen. Peterle ist die Urkatze und im Grunde unsterblich. Denn als Hans-Peter aus einem Wanderurlaub ins heimische Ruhrpöttchen zurückkehrt, wird ihm verklickert, dass das Kätzchen plötzlich verstorben und auch schon vergraben sei. So schnell kann’s gehen, nicht aber mit Peterle. Denn bei der verstorbenen Katze handelt es sich um eine Verwechslung. Diese Kindheits-Geschichte ist somit noch einmal gut ausgegangen und vielleicht ein Hinweis darauf, dass das Leben nicht nur unglücklich starten muss.

Die Katzen sind „Happe” Kerkeling dann karrierebedingt ein paar Jährchen aus dem Blick geraten, genauer gesagt bis 1997. Da packt ihn die alte Liebe, und so folgt er dem Hinweis einer Bekannten, wo gerade reizende Katzenbabys zu haben seien. Irgendwo in Wanne. Tiefster Pott. Und da taucht Hans-Peter wieder in die eigene Kindheit ein mit dem Besuch bei den Pawlowskis, die permanent rauchen, um den strengen Geruch des Katzklos in der runtergekommenen Wohnung zu überdecken. Die Kätzchen sind im Wintergarten. So packt Helmut Pawlowski, der Frau Pawlowskis „bestes Stück is”, forsch am Arm und sagt: „Dann komma mit, Happe!” Und so ist es um „Happe” geschehen.

Bis heute. Und in dieser langen Zeit haben sich ein Menge Katzenweisheiten angesammelt, die Kerkeling immer wieder in kleineren Lektionen preisgibt. Auch ganz praktische darunter, etwa, wie man mit einer Katze umgeht, die während der Arbeit immer wieder über die Tastatur läuft. Meckern? Gar bestrafen? Iwo. „Tun Sie stattdessen so, als wären Sie am Hofe Ludwigs XIV. Seien Sie verzückt und nicht allzu erschrocken. Streicheln Sie dem Tier freundschaftlich über den Nacken und flüstern kaum hörbar: Komm, Tobilein, runter von der Tafel. Wir gehen wacker in die Küche! Gemeinsam! Ensemble!” Man ahnt, in welches hierarchisches Verhältnis Katze und Herrchen an diesem Punkt des Zusammenlebens eingetreten sind.

Noch skurriler wird es bei Flugreisen ins italienische Ferienhäuschen. Weil der Gepäckraum den Katzen (zwei sind es inzwischen) nicht zuzumuten ist, das Handgepäck aber eine Gewichtsgrenze hat, muss am Schalter mächtig geschummelt, manipuliert und abgelenkt werden. Unglaublich. Aber doch sehr nett zu lesen. Spock und Samson, Kitty, Anne und Bolli – mit diesen Katzen ist das Lebensschicksal Hape Kerkelings gepflastert. Das ist die Geschichte eines Menschen, der mit tiefen Einblicken in das Wesen einer ganz besonderen Tiergattung sehr fröhlich ein wenig seiner Lebenskontrolle abgibt. Wäre darum ein Hund vielleicht nicht doch besser gewesen? Was für eine Frage! Weil: „Hunde kommen, wenn sie gerufen werden. Katzen nehmen die Aufforderung zur Kenntnis und kommen gelegentlich darauf zurück.”

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