"Eintagsfliegen" Grass liest erstmals aus neuem Gedichtband

Göttingen · Literaturnobelpreisträger Günter Grass (85) hat am Freitag vor vollem Haus erstmals öffentlich aus seinem neuen Gedichtband "Eintagsfliegen" gelesen. Dabei rezitierte er zur Buchpremiere vor ausgewähltem Publikum im Studio des Deutschen Theaters in Göttingen rund ein Drittel der gut 80 in dem Band enthaltenen "gelegentlichen Gedichte".

 Erstmals hat der Literaturnobelpreisträger Günter Grass aus seinem neuen Gedichtband vorgelesen.

Erstmals hat der Literaturnobelpreisträger Günter Grass aus seinem neuen Gedichtband vorgelesen.

Foto: dapd, Nigel Treblin

Der Autor spannte dabei thematisch einen weiten Bogen. Er reichte von der Verschiffung von Pappeln nach China und deren Rückkehr als Essstäbchen, seine Freude darüber, wenn die "Sportschau" über gelungene Aktionen der Gegner Bayern Münchens berichtet, bis zu den Folgen des Austauschs "mobiler Gebisse".

Mit klarer, fester Stimme, die er gelegentlich mit einem kleinen Schluck Rotwein ölte, verlas Grass - die ganze Zeit stehend - Gedicht-Gedanken zu Staatsschulden und Autoschlangen. Er übte Schelte an Banken und Boulevardzeitungen, brachte seine generelle Abneigung gegen neue Medien zum Ausdruck, legte seine Sicht auf Europa dar, erklärte, warum er auch im Alter zornig bleiben wolle und übte Kritik an der "Gemeinde meiner Feinde": zweitrangige "Kleinmeister billiger Häme".

In den vergangenen Jahren habe sich bei ihm während anderer künstlerischer Arbeiten allerhand "angestaut", das er in der Form habe ausdrücken wollen, mit der er begonnen habe, sagte Grass.

Andere Gedichte des Bandes, die wegen irritierender und provozierender Inhalte bereits vorab für Diskussionen gesorgt hatten, bot der Literaturnobelpreisträger in Göttingen nicht dar. Vor allem verzichtete auf das umstrittene "Was gesagt werden muss". Darin behauptet Grass, Israel bedrohe den Weltfrieden.

Als Ort der ersten öffentlichen Lesung hatte der Autor die niedersächsische Universitätsstadt gewählt, weil dort der Steidl-Verlag seinen Sitz hat, mit dem Grass seit knapp 20 Jahren zusammenarbeitet. Verleger Gerhard Steidl nannte es bemerkenswert, wie viel Diskussionsstoff Gedichte auslösen können. Es sei "die Kunst von Günter Grass, mit Worten wachzurütteln". Zum Schluss: Höflicher Applaus.

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## Orte - [Deutsches Theater](Theaterplatz, Göttingen)

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(dpa)
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