Gavin Menzies: 1421. Als China die Welt entdeckte

Kolumbus, Vasco da Gama, Magellan, James Cook - jeder kennt die Namen der berühmten europäischen Seefahrer, die Ende des 15. Jahrhunderts damit begannen, die Weltmeere zu erkunden. Ihre Entdeckungsreisen machten sie zu legendären Helden.

<P>Kolumbus, Vasco da Gama, Magellan, James Cook - jeder kennt die Namen der berühmten europäischen Seefahrer, die Ende des 15. Jahrhunderts damit begannen, die Weltmeere zu erkunden. Ihre Entdeckungsreisen machten sie zu legendären Helden.

Auch wenn wir heute wissen, dass ihre Ruhmestaten mit Grausamkeiten und Gräueltaten einhergingen, die bei der Eroberung und Kolonialisierung fremder Länder und Kontinente üblich waren. Folgt man den Ausführungen von Gavin Menzies, muss die Geschichte der Entdeckungen jedoch noch viel radikaler umgeschrieben werden - zumindest was deren eurozentrische Perspektive betrifft. Über zehn Jahre lang hat der englische Hobbyhistoriker und ehemalige U-Boot-Kommandant Nachforschungen betrieben, um am Ende seiner Recherchen die mit zahllosen Indizien untermauerte These aufzustellen, dass China bereits 1421 eine riesige Expedition ausrüstete, welche die Erfolge der Europäer nicht nur vorwegnahm, sondern diese erst ermöglichte.

Die Rekonstruktion der Reiserouten jener riesigen Flotten ergeben das unabweisbare Bild einer gewaltigen Geschichtsfälschung durch die Europäer: Lange bevor diese aufbrachen, um neue Erdteile und Seewege zu entdecken, wussten sie bereits von deren Existenz. Menzies zeigt, dass die Europäer gewissermaßen im Kielwasser chinesischer Admirale segelten.

Die Beweislast ist wahrlich erdrückend: reichhaltiges Kartenmaterial, Reiseberichte und Dokumente, über die ganze Welt verteilte chinesische Siedlungsreste und Sternwarten, Stelen und Artefakte, als Dschunken identifizierte Schiffswracks entlang der rekonstruierten Routen, weltweite Tier- und Pflanzenvergleiche sowie genetische, kulturelle und linguistische Untersuchungen lassen kaum einen Zweifel daran zu, dass die chinesischen Seefahrer von Amerika bis Australien, von der Arktis bis zur Antarktis die Welt längst vermessen und kartografiert hatten, ehe die europäischen Helden überhaupt in See stachen.

Freilich findet auch Gavin Menzies keine erschöpfende Antwort auf die Frage, was für merkwürdige Riesen das eigentlich waren, die sich nach ihren seefahrerischen Höchstleistungen wieder in ihr angestammtes Reich zurückzogen und das globale Feld den Europäern überließen. Hier ist noch reichlich Bedarf für weiterführende Studien - was indes der spannenden Lektüre von Menzies ganz eigener, überaus detailreicher Entdeckungsreise ins historische Weltgeschehen keinerlei Abbruch tut.

(608 Seiten)

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