Deutscher Buchhandel vergibt begehrte Auszeichnung Friedenspreis für Peter Esterhazy

Frankfurt/Main (rpo). Der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels geht in diesem Jahr an den Ungarn Peter Esterhazy. Er habe nicht nur seine ungarische Heimat in der Mitte Europas, sondern Europa in der Mitte der Literatur neu situiert und zeichne sich durch Mut zum offenen Bekenntnis und zur poetisch-heiteren Beschreibung der Tragödie aus.

Auszeichnungen sind für den 53-Jährigen nichts Außergewöhnliches. Für seinen aus 97 Kapiteln bestehenden Liebeskatalog "Egy noe" (1995; dt. Eine Frau) bekam er 1996 mit dem ungarischen Kossuth-Preis die höchste künstlerische Auszeichnung seines Landes. 1999 ehrte ihn Österreich mit dem Staatspreis für europäische Literatur. 2000 folgte der ungarische Literaturpreis - um nur einige zu nennen. Am Sonntag kommt nun in Frankfurt am Main der Friedenspreis des Deutschen Buchhandels hinzu.

Auf großes öffentliches Interesse stieß im Jahr 2000 Esterhazys Roman "Harmonia Caelestis" (2000) über die Geschichte der Familie Esterhazy, der in Ungarn monatelang die Bestsellerlisten anführte. Der Autor hatte an dem Werk zehn Jahre gearbeitet. Im Mittelpunkt steht Peter Esterhazys Vater Matyas. Nach Erscheinen des Buches wurde der Autor jedoch mit der ihm bis dato unbekannten Tatsache konfrontiert, dass sein Vater jahrlang als Spitzel tätig gewesen war. Esterhazy arbeitete diese neuen Informationen in eine "verbesserte Ausgabe" seiner Familienchronik ein, in der er unter anderem schreibt, "die Schande kann man nicht abwaschen".

"So unangestrengt durchtrieben war selten ein Buch in der letzten Zeit, so vibrierend von Jetztzeit und vollgesogen von Geschichte, so reich an frechem Lachen und voll tiefsinniger Trauer", lobte die "Süddeutsche Zeitung" "Harmonia Caelestis" 2001. Und der Börsenverein schrieb in der Begründung für die Verleihung des Friedenspreises, Esterhazy habe in "Harmonia Caelestis" und der zugehörigen "Verbesserten Ausgabe" "die Last der Wahrheit auf sich genommen, die Verstrickungen und die prototypische Schuld der Menschen des geschichtsmächtigen alten Kontinents in gedächtnisfähige Bilder und Gestalten verwandelt".

Esterhazy stammt aus aristokratischer Familie

Esterhazy wurde 1950 in Budapest geboren, wo der vierfache Vater auch heute noch lebt. Er stammt aus einer aristokratischen Familie, die einst zu den vermögendsten Ungarns zählte, jedoch 1948 unter den Kommunisten enteignet wurde. Von 1969 bis 1974 studierte er Mathematik an der Universität Budapest und arbeitete zunächst als Systemorganisator. Seit 1978 ist er freiberuflicher Schriftsteller.

Der Autor Esterhazy zählt zur postmodernen Generation ungarischer Literaten und kehrte sich bereits mit seinem ersten Buch, dem Novellenband "Fancsiko und Pinta" (1976) von der Tradition des sozialistischen Realismus ab. Mit seinem vielschichtig angelegten Werk "Termelesi regeny" (1979) wurde er in Ungarn bekannt und von der oppositionellen Literaturkritik des Landes gefeiert.

Sein Prosaband "Kleine ungarische Pornographie" (1984) ist eine Sammlung von Anekdoten, Tagebuchaufzeichnungen und fragmentarischen Geschichten über Perversionen im ungarischen Alltag - vor allem im übertragenen politischen Sinn. Mit "Das Buch Hrabals" (1990) schlug Esterhazy vor dem Hintergrund des politischen Umbruchs in Osteuropa neue literarische Wege ein.

Inzwischen wird Esterhazy als "ungarische Kultfigur seiner Generation" gehandelt. Der Friedenspreis, der seit 1950 jährlich in der Frankfurter Paulskirche überreicht wird, zeichnet ihn laut Statut aus als eine Persönlichkeit, "die in hervorragendem Maße zur Verwirklichung des Friedensgedankens beigetragen hat".

(afp)
Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort